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Im Ring kann es nur einen geben

Graciano Rocchigiani und Dariusz Michalczewski treffen im Kampf um die WBO-Weltmeisterschaft heute aufeinander. In einer Friedrichshainer Kneipe jedoch hat jetzt schon „Rocky“ den Sieg davongetragen

Heute Abend stehen sich Graciano „Rocky“ Rocchigiani und Dariusz „Tiger“ Michalczewski um die WBO-Weltmeisterschaft im Mittelgewicht gegenüber. Das Volk liebt den Berliner Rüpel, der Tiger bekommt keine Chance, auch nicht in Berlin-Friedrichshain.

Die Pressekonferenz, in der sich Rocky und der Tiger zum kommenden Fight äußerten, gilt schon jetzt als eine der spektakulärsten der letzten Jahre. Der ehemalige Weltmeister Graciano Rocchigiani hatte damals seinen heutigen Kontrahenten Dariusz Michalczewski als „dummen Polen“ beschimpft. Nur der in dieser Hinsicht schon vollständig zerstörte Ruf rettete Rocky vor ernsten Konsequenzen. Irgendwie fanden das alle sogar witzig, der Berliner „Rüpel“ mit der Kodderschnauze hatte wieder zugeschlagen.

„Das ist ’n Typ“, der ehemalige Deutsche Schwergewichtsmeister Mario Schiesser weiß, wovon er spricht. Er ist mit beiden boxerisch quasi groß geworden, hat mit beiden trainiert und kennt deren Umfelder. Er macht überhaupt keinen Hehl daraus, auf wen er setzt. Er glaubt fest an Rocky, auch Schiesser ist Berliner, genauer Friedrichshainer, wo er auch seine Gastwirtschaft betreibt, „Schiessers Eck“, Ecke Warschauer/Kopernikus. Heute Abend wird die Boxkneipe, die den Namen wirklich verdient, rappelvoll sein, Tiger-Fans sollten lieber zu Hause Fernsehen.

Mario Schiesser sieht die zweijährige Kampfpause von Graciano nicht als gravierenden Nachteil. „Was hat denn Dariusz gemacht in den zwei Jahren? Der hat doch nur Fallobst geboxt. Der Rocky hat gut trainiert. Und er hat die beste Ecke der Welt.“

Während sich Dariusz Michalczewski wie gewohnt im Hamburger Universum Gym auf seine 17. Titelverteidigung vorbereitete, flog Rocky für elf Wochen in das weltberühmte „Kronk-Gym“ in Detroit. Dort wurde er von Emanuel Steward betreut, eine Trainerinstitution, die auch heute in seiner Ecke stehen wird.

Für Mario Schiesser ist Steward ein echter Wettbewerbsvorteil, obwohl er auch von Tiger-Coach Fritz Sdunek, mit dem er selbst trainiert hat, eine Menge hält. Bei aller Zuneigung zu Rocky weiß er um die physischen Stärken des Wahlhamburgers: „Ich kenne keinen, der konditionell so stark ist wie Dariusz, der kann zwölf Runden hart boxen“, muss er zugeben, „der ist wirklich besser geworden.“ In den Schwächen des gebürtigen Danzigers sieht er aber die Stärken Rocchigianis, „das ist das Riesenmanko von Dariusz. Der hat nicht das Nervenkostüm, das der Graciano hat. Wenn’s hart auf hart kommt, läuft es für Rocky.“

Das es hart kommen wird, daran hat Schiesser keine Zweifel, denn „diesen Kampf brauchen sie beide. Dariusz muss beweisen, dass er ein wahrer Weltmeister ist, und Graciano, dass das kein Zufall war letztes Mal in Hamburg.“

Beim ersten Aufeinandertreffen, am 10. August 1996 vor 40.000 Zuschauern am Hamburger Millerntor, war es zum „Skandalfight“ gekommen, als Rocky wegen Nachschlagens disqualifiziert wurde, obwohl er nach Punkten vorne lag. Nicht nur Mario Schiesser zählt die Stunden bis zum Kampf, „der Dariusz wird zerbrechen an dem Graciano.“ MATHIAS STUHR

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