Ilona Eveleens über den erneut verschobenen Wahlgang in Somalia: Kuhhandel statt Präsidentenwahl
Zum vierten Mal ist die Wahl eines neuen somalischen Präsidenten verschoben worden. Nichtsomalier schütteln frustriert mit dem Kopf, Somalier selber zucken nur mit den Schultern. Etwas auf nationale politische Ebene zu organisieren ist eine riesige Herausforderung in Somalia, das schon seit Jahrzehnten keinen Frieden kennt.
Da ist natürlich die Unsicherheit, verursacht durch die islamistische Bewegung al-Shabaab. Die Dschihadisten sind gegen jede Art von Wahlen, und sie haben ihre Angriffe nicht nur in der Hauptstadt Mogadishu, sondern auf dem Land und in den Dörfer verübt.
Die wichtigste Ursache für die Verzögerung der Wahlen eines neuen Staatsoberhaupts sind aber die politischen Machenschaften. Die etwa 14.000 Delegierten, die die Abgeordneten für Parlament und Senat wählen sollen, verlangen Geld. In manchen Fällen viel Geld von den Kandidaten. Es sind anschließend die Parlamentarier und Senatoren, die den Präsidenten wählen müssen. Weil der Kuhhandel um die Plätze im Parlament und Senat aber noch immer nicht abgeschlossen ist, gibt es auch noch keine Wahl eines Staatsoberhaupts.
Ein somalischer Bekannter merkte an, dass das Handeln nun mal in den Genen seines Volkes sitzt. „Wir handeln um alles. Ob es nun um Spagetti, Telefone oder Politik geht.“ Aber leider ist das nicht witzig. Diese Wahlen sollten eine Probe sein für richtige demokratische Wahlen im Jahr 2020. Doch das erscheint ein Traum, solange Schmiergeld und Drohungen dazugehören.
Die Verzögerung der Wahlen sorgt für noch mehr politische Instabilität – genau die Situation, die extremistischen Islamisten bevorzugen und ausnutzen können. Die chaotischen Wahlen bestätigen das Bild von Somalia als einem Land, das es nicht schafft, aus der Misere hinauszuwachsen. Es muss den Somaliern erst einmal klar werden, dass Politik nicht auf den Marktplatz gehört.
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