Illegales Collegesport-Versorgungssystem : Sexparties, Lügen und eine Jacht

Offiziell sind die College-Sportler in den USA Amateure. Doch an der University of Miami wurden über Jahre hinweg Spieler mit Geld und Geschenken bei Laune gehalten.

Und immer wieder Sexparties. Trauen sich die Jungs sonst beim Sex etwa nichts zu? Bild: Daniel Sandoval | CC-BY

BERLIN taz | Das Blut floss auf einem Parkplatz. Irgendjemand hatte gehupt, jemand anderes hatte das gestört, und schon war die Schlägerei im Gange. Das Ergebnis: vier Verletzte, vier Verdächtige und eine Football-Mannschaft, deren Saison schon wieder vorbei sein könnte, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat.

Eigentlich hatten sich die Spieler der Louisiana State University vorgenommen, in der neuen College-Football-Saison, die am 1. September beginnt, die Meisterschaft zu gewinnen. Die Experten zählten das traditionsreiche Team aus dem Süden der USA zum Favoritenkreis. Jedenfalls bis zu der Schlägerei vor einer Bar in Baton Rouge. Seitdem drohen vier Spielern Haftstrafen, darunter Jordan Jefferson, der als Quarterback den Angriff der Tigers dirigieren sollte. Noch untersucht die Polizei die genaueren Umstände der Rauferei, die Opfer haben Anzeige erstattet.

Der Vorfall ist aber nur der aktuellste in einer langen Reihe von Skandalen, die den College-Sport seit Jahren erschüttern. Die National Collegiate Athletic Association (NCAA) versucht zwar, mit einem Regelbuch von der Dicke des Telefonverzeichnisses einer Millionenstadt den Amateurstatus der Athleten zu bewahren. Nur in den vergangenen Monaten unterzog die NCAA die Sportabteilungen von fast einem Dutzend Universitäten einer Untersuchung. Aber wie löchrig ihre Bestimmungen sind und wie lax mit ihnen an den Bildungseinrichtungen umgegangen wird, wurde der Öffentlichkeit kürzlich so deutlich wie nie zuvor vor Augen geführt.

Uni tolerierte illegales Versorgungssystem

An der University of Miami, ebenfalls eine Uni mit einer großen Football-Tradition, wurden über Jahre hinweg Spieler verbotenerweise mit Geld und Geschenken bei Laune gehalten. Und nicht nur das: Nevin Shapiro, der das illegale, aber von der Universitätsleitung offensichtlich tolerierte Versorgungssystem organisiert hatte, behauptet, er habe die Football-Stars, von denen heute nicht wenige erfolgreich in der Profi-Liga NFL ganz offiziell Millionen verdienen, neben Fernsehern, Schmuck und Bargeld außerdem systematisch mit Alkohol und Prostituierten versorgt. Shapiro, der momentan im Gefängnis sitzt, weil er mit einem Schneeballsystem 880 Millionen Dollar in den Sand gesetzt hat, will sogar extra eine Jacht gekauft haben, die die Spieler regelmäßig für Sexpartys hatten nutzen können. In einem Fall habe er sogar eine Abtreibung finanziert, als einer der Spieler eine Prostituierte geschwängert hatte.

Angesichts solcher Enthüllungen fragt sich die bekanntermaßen eher prüde amerikanische Öffentlichkeit zunehmend, ob die Regularien des College-Sports noch zeitgemäß sind. Shapiro, so viel darf als gesichert gelten, ist nicht der einzige sogenannte Booster, der die Regeln verletzt. Auf solchen, oft finanzstarken Unterstützern fußt der College-Sport: Die Fans, meist Absolventen der Universität, helfen mit Spenden, den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten.

Die Stadien sind voll

Auch Shapiro hat gespendet: neben den Millionen, die er den Spielern unter der Hand zuschob, offiziell 450.000 Dollar. Im Football und Basketball sind solche Spenden kaum nötig: Die großen Colleges verdienen Millionen mit Fernsehübertragungen, ihre Stadien sind voll, allein die Texas Longhorns spielen regelmäßig vor 100.000.

Die Spieler sind folgerichtig Stars, aber offiziell trotzdem Amateure. Die Universitäten setzen Millionen mit ihnen um, aber neben ihrem Sportstipendium dürfen sie keine Zuwendungen erhalten. Kein Wunder, dass das Unrechtsbewusstsein nicht ausgebildet ist und die NCAA-Vorschriften kaum das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt werden. Doch eine Reform des absurden Systems ist nicht zu erwarten: Die Colleges verdienen zu gut, den Sportlern winkt eine lukrative Profikarriere, und das Publikum liebt das Spektakel. Noch ein Skandal trägt dazu nur bei.

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