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„Ich bin mit vielen im Gespräch“

■ Arnold Vaatz (41), CDU-Bundesvorstandsmitglied und Sachsens Umweltminister, zum CDU-Beitritt von Ex-DDR-Bürgerrechtlern

taz: Herr Vaatz, mehrere DDR- Bürgerrechtler sind der CDU beigetreten. Was erwarten Sie von diesem Zugang für Ihre Partei?

Arnold Vaatz: Daß eine Reihe von Fragen, die bei uns eine Rolle spielen, auch von den übergetretenen Bürgerrechtlern aufgegriffen werden. Insbesondere das Signal an die CDU, daß irgendein Liebäugeln mit der PDS ein Spiel mit dem Feuer ist.

Wird es nun zu einer Neuauflage der Vergangenheitsdebatte in der CDU kommen?

Ich glaube nicht, daß es eine Neuauflage der Vergangenheitsdebatte geben muß. Diese Debatte läuft bereits, aber sie erfährt jetzt gewiß einen neuen Akzent.

Was bringen diese Bürgerrechtler denn in Ihre Partei mehr ein als ihre prominenten Namen?

Es sind ja nicht nur prominente Namen, sondern Leute, die für ein Programm stehen. Ihr bisheriges Leben war eines der Selbstverteidigung gegen totalitäre Strukturen.

Gewählt wurde Vera Lengsfeld für ökologisch-soziale Reformpolitik. Bei diesem Thema aber wurde sie seit längerem in ihrer bisherigen Partei vermißt. Gibt es denn überhaupt Berührungspunkte mit der CDU über die PDS-Frage hinaus?

Vera Lengsfeld hat ihren ganzen Wahlkampf auf die Aussage aufgebaut, daß Reformen für sie bedeuten, mit den DDR-Strukturen konsequent zu brechen. Und wenn ihre eigene Partei diesen konsequenten Weg aus kurzfristigen, machttaktischen Gründen – wie zum Beispiel in Magdeburg – verläßt, dann kann ich Veras Schritt sehr gut verstehen. Dann ist sie diejenige, die das Wählervertrauen wesentlich besser rechtfertigt als ihre bisherige Partei.

Werner Schulz und der thüringische Landesverband werfen der Konvertitin vor, sie habe ledig lich ihr Bundestagsmandat davonschwimmen sehen und suche nun die Rettung bei der CDU.

Solche Argumente dienen dem Selbstschutz dieser angeschlagenen Partei. Sie will davon ablenken, daß sie der in vollem Gange befindlichen Restitution der alten Machtstrukturen aus der DDR kaum etwas entgegenzusetzen weiß. Das trifft für diese Partei zu, aber nicht für Frau Lengsfeld. Was diese Partei dann noch alles an Bösartigkeiten dazuerfindet, ist hoffentlich der Vera völlig gleichgültig.

Soll Vera Lengsfeld ihr Bundestagsmandat zurückgeben?

Bundestags- und Landtagsmandate sollen jene von Bündnis 90 zurückgeben, die ihre Wähler und ihre Freunde verraten und sich der PDS an den Hals geworfen haben.

Sind Sie auch mit ehemaligen Bürgerrechtlern in Ihrem Bundesland im Gespräch?

Ja, und zwar mit vielen Leuten seit Jahren. Ich dränge aber niemanden und agitiere auch nicht. Ich nehme aber zur Kenntnis, wenn der eine oder andere allmählich an der Linie seiner bisherigen politischen Freunde verzweifelt.

Gehen Sie davon aus, daß weitere DDR-Bürgerrechtler ihre politische Zukunft in der CDU suchen werden?

Ich kann sagen, daß ich das persönlich hoffe, aber die Ereignisse kommen lasse. Ich weiß es nicht, ob sich noch jemand entschließt oder sich angesichts der Kampagne, die jetzt gegen Vera losbricht, einfach überfordert sieht. Interview: Detlef Krell

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