Ibisevic erleidet Kreuzbandanriss: Das Aus für den Knipser
Nach der schweren Verletzung von Torjäger Ibisevic ist Hoffenheim auf der Suche nach einem neuen Stürmer. Derweil droht Spielmacher Carlos Eduardo eine Sperre.
LA MANGA taz Manager Jan Schindelmeiser wies gerade ziemlich empört den Bericht zurück, dass die TSG Hoffenheim Spionage beim FC Bayern betreibe, als Ralf Rangnick noch einmal um Ruhe in der kleinen Presserunde bat. Der Trainer hatte am Mittwochabend mit dem Doktor telefoniert und schlechte Nachrichten. Schlechte Laune hatte er schon zuvor gehabt, denn das Testspiel gegen den Hamburger SV war nach schwacher Leistung mit 0:2 verloren, Carlos Eduardo nach einer Schlägerei mit Ivica Olic vom Platz gestellt und - das war das Schlimmste - Vedad Ibisevic mit einer Knieverletzung ausgewechselt worden. Die Diagnose des Doktors erwies sich als Keulenschlag für den "Herbstmeister" der Fußball-Bundesliga: zumindest ein Anriss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie. Um Genaueres mit einem höher auflösenden Kernspintomografen zu erfahren, flog Ibisevic gestern früh aus dem Trainingslager im spanischen La Manga zurück nach Deutschland.
Jan Schindelmeiser wägt seine Worte immer sehr vorsichtig ab, aber er sprach nach dem Vormittagstraining schon von einem "halben Jahr Pause". Ibisevic, der mit 18 Treffern die Torschützenliste anführt, werde um eine Operation nicht herumkommen, egal ob Anriss oder Riss. "So ein Mist", jammerte Hermann Rieger, der legendäre Masseur des nebenan trainierenden Hamburger SV, der auch im Ruhestand seinen Verein nirgendwo allein lässt. "Das kannst du wohl sagen", erwiderte Bernhard Peters, der Sportdirektor der TSG. Auf tragische Weise wurden durch die schwere Verletzung des 24 Jahre alten Bosniers die Erwartungen an den Tabellenführer gesenkt, woran ihm im Grunde gelegen war.
"Wir werden jetzt die Stürmersuche intensivieren", kündigte Rangnick gestern Morgen an, nachdem er sich von der ersten Schockwelle erholt hatte. Der Trainer hatte schon vor dem Anruf des Doktors geklagt, dass er nur einen kleinen Kader zur Verfügung habe. Nun ist der Handlungsbedarf akut geworden.
Schindelmeiser will die Suche möglichst geräuschlos hinbekommen. Er ließ jedoch durchblicken, dass der Neuzugang auch im Ruf stehen soll, ein "Knipser" zu sein. "Er muss in die Konstellation passen", sagte Schindelmeiser. Da weder bei der Suche noch bei der Integration des zentralen Stürmers viel Zeit bleiben wird, läuft es auf einen gestandenen Spieler mit relativ hoher Torgarantie hin.
Jan Schindelmeiser aber wird keine Namen nennen. Er verriet noch nicht einmal, worüber er eine halbe Stunde lang mit Dietmar Beiersdorfer, dem HSV-Sportdirektor, geplaudert hatte. Es war wohl weniger der Abwerbeversuch eines Spielers als die Verständigung auf eine gemeinsame Vorgehensweise in der Angelegenheit Eduardo/Olic. Die beiden waren während des Testspiels aneinandergeraten und hatten sich gegenseitig ins Gesicht geschlagen. Beteuerten die Verantwortlichen am Mittwoch noch mit dem Verweis auf ein privates Testspiel, dass die Platzverweise keine Sperren nach sich ziehen könnten, gingen sie gestern in die Defensive. "Wir haben beim DFB einen Antrag auf Aussetzung der Sperre gestellt", sagte Schindelmeiser. In der Regel werden solche Anträge positiv beschieden. In "gravierenden Fällen", so DFB-Sprecher Klaus Koltzenburg, beschäftigt sich der Verband aber näher mit den Platzverweisen. Dass es sich um einen gravierenden Fall handelte und nicht um einen "ganz normalen Konflikt", wie Olic sagte, wird nach Ansicht von Fotos und Fernsehbildern feststehen. Eine Sperre von Carlos Eduardo würde den nächsten Keulenschlag für Ralf Rangnick bedeuten. Er konnte zumindest freundlich lachen, als Hermann Rieger ihn begrüßte: "Mensch, du bist aber schön braun."
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