IT-Gipfel von Regierung und Wirtschaft: Politiker ohne Pflichten
Nutzer sollen verantwortlicher mit ihren Daten umgehen, sagt der Innenminister auf dem IT-Gipfel. Der Wirtschaftsminister kündigt einen Netzausbau an, nur wenn er sich für private Anbieter lohnt.
MÜNCHEN dapd | Bundesregierung und IT-Wirtschaft haben die Verbraucher zu einem sorgsameren Umgang mit ihren eigenen Daten im Internet aufgefordert. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte am Dienstag auf dem 6. Nationalen IT-Gipfel in München: "Der Gebrauch eines starken Passworts und der regelmäßige Wechsel dieses Passworts sind noch nicht zur allgemeinen Übung geworden." Der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Dieter Kempf, sagte, den meisten Bürgern sei Bequemlichkeit wichtiger als Sicherheit - er sei wohl der einzige im Saal, der sein Smartphone mit einer neunstelligen PIN-Nummer gesichert habe.
Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sieht bei Datenschutz und -sicherheit vor allem die Anbieter und die Anwender selbst in der Verantwortung. Bei Online-Banking, auf sozialen Netzwerken und Cloud-Computing in einem weltweiten Netz könnten nationale oder regionale Vorschriften wenig ausrichten, sagte der FDP-Vorsitzende. Deshalb müsse die Wirtschaft aus eigenem Interesse für die Sicherheit ihrer digitalen Angebote sorgen, aber die Anwender müssten auch mehr Selbstverantwortung übernehmen: "Da reicht Gottvertrauen und Glauben eben nicht", sagte Rösler.
Wachstum durch vernetzte Infrastruktur
Zugleich betonte der Wirtschaftsminister aber "die enormen Wachtums- und Innovationspotenziale" durch den Ausbau und die Vernetzung der digitalen Angebote. Zum Beispiel könnten Elektrogeräte wie die Waschmaschine künftig ans Internet angeschlossen werden und genau dann anlaufen, wenn gerade Windkraftanlagen anspringen, das Stromangebot wachse, und der Strompreis sinke.
Der Aufbau solcher intelligenter Netze sei eine nationale Herkulesaufgabe und werde 130 Milliarden Euro Kosten, sagte Bitkom-Präsident Kempf. Aber es ließen sich künftig auch zweistellige Milliardensummen jährlich sparen.
"Netzausbau, wenn es sich lohnt"
Im internationalen Vergleich verbesserte sich Deutschland als IT-Standort seit vergangenem Jahr von Platz sieben auf Platz sechs. Vorn liegt Deutschland beim Anteil der Internet-Werbung an den Werbeumsätzen, hinten dagegen bei der Nutzung von sozialen Netzwerken sowie bei Online-Angeboten von Behörden, wie eine auf dem IT-Gipfel vorgestellte Studie des TNS-Infratest-Instituts zeigt.
Beim flächendeckenden Ausbau des schnelleren Breitbandnetzes gibt es dagegen noch Nachholbedarf. Der Telekom-Vorstandsvorsitzende Rene Obermann erklärte, die Kosten für Glasfaser-Anschlüsse von privaten Haushalten seien extrem hoch. Mit 30 Euro Monatsgebühr lasse sich das nicht finanzieren. Aber die Kunden seien auch nicht bereit, mehr zu bezahlen. Die Grundversorgung in Deutschland sei ganz in Ordnung. Aber um intelligente Netze aufzubauen, die gesamte Infrastruktur zu digitalisieren und so das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, sei Breitband dringend nötig.
Wirtschaftsminister Rösler sagte: "Wenn es sich lohnt, wird sich ein privater Anbieter finden. Wenn es sich nicht lohnt, sollte man die Finger davon lassen."
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