ISRAELIS UND PALÄSTINENSER IN WASHINGTON: LEIDER NUR SHOW: Kann der Besen schießen?
Im Zweiten Weltkrieg ließen die Engländer in Palästina ein großes Plakat drucken, um Benzin zu sparen. Ein Esel fragt seinen Reiter: „Is this journey really necessary?“
Das Flugzeug, das die israelische Delegation nach Washington brachte, hätte dasselbe fragen können. Ist diese Reise wirklich notwendig? Natürlich ja. Aber nicht, um Frieden zu schließen, sondern um Baraks politisches Leben zu retten.
Von rechts bedroht ihn der Likud, egal unter welcher Führung. Nach Meinungsumfragen würden ihn sowohl Netanjahu als auch Scharon heute besiegen. Aber auch im linken Friedenslager wird immer lauter gefordert, einen dritten Kandidaten aufzustellen. Der ewige Schimon Peres und Meretz-Führer Jossi Sarid haben schon angedeutet, dass sie vielleicht antreten würden. Dazu kommen die arabischen Staatsbürger, ungefähr 12 Prozent der Stimmen, die zwischen Barak, Netanjahu und Scharon keinen Unterschied sehen.
Um Linke und Araber zu gewinnen, muss Barak zeigen, dass er Frieden stiften will. Da aber die Verhandlungen ergebnislos enden werden, kann er gleichzeitig den Rechten sagen: Seht ihr, Kinder, ich gebe nicht nach. Ich bin besser als Netanjahu, der 19 Prozent des Westjordanlandes und den Großteil der Stadt Hebron an Arafat abgegeben hat.
Bill Clinton macht begeistert mit. Er möchte unbedingt einen Erfolg verbuchen, bevor er nur noch der Gemahl der Senatorin ist. Doch welche Interessen verfolgt Arafat? Der alte Fuchs weiß, dass er nur gewinnen kann. Barak und Clinton stehen beide unter Druck, er hat Zeit. Er hat ja als PLO-Chef schon sechs amerikanische Präsidenten und acht israelische Regierungschefs überlebt. Jetzt müssen Barak and Clinton wenigstens einen kleinen Schritt vorwärts machen. Auch wenn dies zu keiner Einigung führt: Das neue Angebot wird den Ausgangspunkt künftiger Verhandlungen zu seinen Gunsten verändern.
Eine wirkliche Friedensinitiative kann Barak gar nicht starten. Denn wenn er jetzt etwas hergäbe, was er in Camp David noch verteidigt hat, würde es aussehen, als ob er das Vaterland für einen Wahlsieg verkauft. Das wäre für den Likud-Kandidaten ein gefundenes Fressen. Also aussichtslos? Ja, aber ein jiddisches Sprichwort besagt: Wenn Gott will, kann auch ein Besen schießen. URI AVNERY
Der Autor lebt als Publizist in Tel Aviv und war Mitgliedder Knesset
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