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IS bekennt sich zu AnschlagTödlicher Terror in Frankreich

Eine Geiselnahme in einem Supermarkt endet für zwei Menschen tödlich, drei werden verletzt. Der Täter, der sich zum IS bekennt, wird erschossen.

Am Rande von Carcassonne in Südfrankreich kam es zu der tödlichen Geiselnahme Foto: ap

Paris taz | Ein Terrorist hat am Freitag bei einer fast vierstündigen Geiselnahme in einem Supermarkt im südfranzösischen ­Trèbes zwei Menschen getötet und mehrere verletzt. Er wurde bei der Erstürmung des Supermarkts zur Befreiung der Geiseln um 14.40 Uhr von der Polizei erschossen.

Am Morgen hatte er in Carcassonne einen Fahrzeughalter schwer verletzt und dessen Beifahrer getötet, um ihnen das Auto zu stehlen, und danach auf vier Polizisten geschossen. Dabei wurde einer der unbewaffneten Polizisten schwer verletzt.

Nach der Attacke auf die CRS-Polizisten setzte er seine Fahrt fort und stoppte auf dem Parkplatz eines Supermarkts im Vorort Trèbes. Dort nahm er Kunden und das Personal als Geiseln. Er feuerte wahllos auf die Anwesenden. Laut den Angaben des Bürgermeisters von Trèbes wurden mindestens zwei von ihnen getötet. Andere konnten sich in Sicherheit bringen. Danach begann eine Belagerung in der Ungewissheit, was im Inneren des Geschäfts Super-U geschehen war und vorging.

Laut Zeugen soll der Angreifer „Allahu Akbar“ gerufen und sich als „Soldat des IS“ bezeichnet haben. Nach Meldungen französischer Medien soll er die Freilassung des in Belgien inhaftierten Terroristen Salah Abdeslam, des einzigen Überlebenden des Kommandos der Pariser Attentate am 13. November 2015, gefordert haben.

Attentäter war der Polizei bekannt

Premierminister Édouard Philippe bestätigte, dass es sich bei dem Überfall und der Geiselnahme um eine terroristische Aktion handle und deshalb Spezialeinheiten nach ­Trèbes entsandt worden seien.

Ein Experte dieser Sondereinheiten versuchte mit dem Geiselnehmer, dessen Identität zunächst nicht bekannt war, über die Freilassung der im Supermarkt Festgehaltenen zu verhandeln, während parallel die Einsatzleiter bereits eine Erstürmung vorbereiteten. Wenig später wurde gemeldet, dass der mutmaßliche Terrorist beim Sturm auf den Supermarkt getötet worden sei. Die Geiseln wurden befreit.

Laut Zeugen soll der Angreifer Allahu Akbar gerufen haben

Die Polizeiaktion war erfolgreich, weil laut Innenminister Gérard Collomb ein Mitglied der Gendarmerie den Platz einer Geisel eingenommen hatte und per Mobiltelefon von innen wertvolle Informationen liefern konnte. Dieser Beamte wurde vom Geiselnehmer verletzt.

Von Beginn an waren die Verantwortlichen der Antiterrorpolizei davon ausgegangen, dass dieser Angreifer den Tod als „Märtyrer“ suchte. Es soll sich laut den Informationen um einen aus Marokko stammenden 25-Jährigen handeln, der vorbestraft und der Polizei wegen seiner Radikalisierung bereits bekannt war. Nun fragt man sich unter anderem, wie er sich die Waffen für seine Terroraktion beschaffen konnte.

Frankreich dürfte immer wieder zur Front werden

Der Krieg der Islamisten des IS gegen Frankreich ist nicht zu Ende, nur weil in Syrien und Irak die Dschihadisten Niederlagen einstecken und die Kontrolle über zuvor eroberte Gebiete verlieren. Frankreich dürfte immer wieder zu einer Front von dschihadistischen Heimkehrern und anderen IS-Sympathisanten werden. Am 1. Oktober 2017 hatte ein Mann in Marseille zwei junge Frauen erstochen; er wurde anschließend von Soldaten erschossen.

In diesem Kontext von sporadischen Anschlägen sehen die Behörden das Attentat von Carcassonne. Präsident Emmanuel Macron dankte am Rand des EU-Gipfels in Brüssel den Polizeieinheiten von Carcassonne für ihren Einsatz und rief der Bevölkerung in Erinnerung, dass die Bedrohung nach wie vor groß sei.

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4 Kommentare

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  • Da die Islamitischen Staaten: Saudi-Arabien und IS-Fußball-Katar, keine terroristisch-islamitischen Glaubensbrüder und -schwestern aufnehmen werden, obwohl sie selbst seit Jahren den fundamentalistischen und feudal-islamitischen Terror und die weltweite Glaubens- und Aberglaubenslehre sponsern und/bzw. finanzieren, ist davon auszugehen, dass diese ideologischen und extremistischen Gefolgsleute auch in Deutschland und Europa ihren sozial abgesicherten Ruheraum suchen und finden werden.

     

    So führt auch die türkische Nato-Armee ihren Aggressionskrieg mit sog. gemäßigten Islamiten, die auch in den zurückliegenden Jahren mit Hilfe der Berliner Politik zusammengeführt wurden, um auch in Syrien, die von den Nato-Partnern erwünschte „Freiheit“ und „Demokratie“, sprich: den "arabischen Frühling", zu installieren. Vorläufig betätigten sie sich als Vorhut einer Mörderbande und als Plünderer in den von ihnen eroberten kurdischen Gebieten.

     

    Nun, da es zunehmend schwieriger wird, in der islamischen Welt einen Erholungsraum zu finden, werden sich auch zukünftig gemäßigte Islamiten nach bundesdeutschen, französischen, belgischen und britischen Gegenden umsehen und hierfür auf den Weg machen.

     

    PS: Im letzten Jahr konnte man aus einer Studie entnehmen, allein in Syrien soll es 98 islamitische Kampfverbände geben, die teils zusammen und/oder gegeneinander militärisch operierten. Der Bundesnachrichtendienst (BND) dürfte hierüber mehr wissen. Worüber er aber die Öffentlichkeit verschont. Wir dürfen uns also für die kommenden Jahre noch auf (nicht mehr überraschende) Überraschungen einstellen, nicht nur in Deutschland und Frankreich.

     

    Liebe bundesdeutsche Gott- und Gutmenschen, auch unter den Taz.-Leserinnen und Lesern, sind meine nüchternen Ausführungen jetzt auch „Fremdenfeindlichkeit“ und/oder „Rassismus“? Oder vielmehr ein notwendiger Teil unserer noch ausstehenden spät-bürgerlichen Aufklärungsarbeit? (!)

  • "Frankreich dürfte immer wieder zu einer Front von dschihadistischen Heimkehrern und anderen IS-Sympathisanten werden."

     

    Sehr geehrter Herr Balmer,

    ich halte diesen Satz für reißerisch und angstmachend. Ist es nicht genau das, was der Terror bezwecken will? Unterstützen sie hier nicht genau die Intention des Attentates?

    Der Hinweis, dass auch eine vermeintliche Zerschlagung eines Terrornetzwerkes, die Gefahr weiterer Anschläge nicht bannt, ist ja richtig. Aber: "Frankreich dürfte immer wieder zu einer Front ... werden"?

    Nicht nur wird damit die brutale Realität einer Front verharmlost (von solch einer konnte man gerade in Bezug auf Afrin sprechen - mit huntertausenden Vertriebenen und schätzungsweise mehreren hundert Toten), das "immer wieder" verhindert auch ein konkretes Nachdenken über die jeweils unterschiedlichen politischen und ideologischen Zusammenhänge.

     

    Wenn ich einen Wunsch aussprechen dürfte: entfernen Sie doch diesen Satz aus dem ansonsten sehr informativen Artikel.

     

    Mit freundlichen Grüßen,

    Lukas M.

    • @LukasM:

      "Nicht nur wird damit die brutale Realität einer Front verharmlost"

       

      Sehr einseitige Sichtweise. Eine Front gibt es, solange Europäer in Teilen Afrikas, Syrien, Afghanistan mit Geld und Söldnern bestimmen, was zulässige gesellschaftliche Werte und zulässige Religionsausübung ist. Die Front ist am Hindukusch und in Mali und in Syrien und in Libyen und sie ist alles andere als harmlos.

       

      Erdogans Terror in Afrin entspricht dem von den Europäern verursachten Terror z.B. in Libyen.

  • 8G
    82741 (Profil gelöscht)

    Was sind denn "sporadische Anschläge"?

     

    Und der Täter hat insgesamt drei Menschen ermordet, wenn man den Text liest, auch wenn der Untertitel lediglich die zwei im Supermarkt erwähnt.