INNENMINISTER SCHILY WILL DIE GAUCK-BEHÖRDE SCHLIESSEN: Am Ende der Aufarbeitung
Otto Schily sollte schon so ehrlich sein und sagen, was am Ende seiner Überlegungen steht: die Schließung der Gauck-Behörde. Auf nichts anderes läuft die vom Bundesinnenminister beabsichtigte Sperrung von Stasiakten über so genannte Personen der Zeitgeschichte hinaus. Setzt sich Schily durch, so wird es einen Untersuchungsausschuss wie den zu Schalck-Golodkowski nie wieder geben. Denn der ehemalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß hätte einfach seine Persönlichkeitsrechte geltend machen können, um die Enthüllungen über seine abenteuerlichen Beziehungen zu dem früheren Chefdevisenbeschaffer der DDR zu verhindern. Ganz so, wie es heute Altkanzler Helmut Kohl tut.
Dass Kohl die Veröffentlichung peinlicher Stasi-Unterlagen zu verhindern sucht, kann ihm keiner verdenken. Der Versuch ist schließlich nicht strafbar. Etwas anderes ist es, wenn sich der Innenminister einer Koalition, die sich Transparenz und Offenheit auf die Fahnen geschrieben hat, anschickt, den Zugang zu zeitgeschichtlich bedeutenden Unterlagen zu vermauern. Als das Stasiunterlagengesetz 1991 verabschiedet wurde, war von der großen Mehrheit im Bundestag gewollt, dass die papierene Hinterlassenschaft der Stasi zur Aufarbeitung der deutsch-deutschen Geschichte genutzt wird. Ganz bewusst wurden deshalb die Persönlichkeitsrechte für „Personen der Zeitgeschichte“ – und nichts anderes sind Amtsträger und Politiker – eingeschränkt. Gleichzeitig wurde diesen Personen aber auch eine – wenn auch eingeschränkte Privatsphäre – zustanden. Veröffentlicht werden Unterlagen seither nur, solange wie sie sich auf die Tätigkeit dieser Amts- und Würdenträger in Ausübung ihrer Ämter beziehen.
Merkwürdig auch: Die rot-grüne Bundesregierung wirbt offensiv für ein allgemeines Akteneinsichtsrecht nach dem weit reichenden Vorbild des US-amerikanischen „freedom of information act“. Und was macht der für die Umsetzung eines solchen Gesetzes zuständige Minister? Er will seine Ministerkollegen überreden, notfalls die Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen förmlich mit Kabinettsbeschluss anzuweisen, den Zugang zu den Archiven zu schließen. WOLFGANG GAST
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