■ IFA-Splitter: Tips für Schmarotzer
Was, so fragt sich der IFA-Flaneur, ist eigentlich geblieben von den fetten Messejahren, als Rundfunkveranstalter und Unterhaltungsindustrie ihre Kundschaft noch mit Werbegeschenken eindeckten, daß man sie kaum nach Hause tragen konnte? Trostlose Zeiten sind das, in denen selbst Sat. 1 in einem Schreiben an JournalistInnen „Fantasie statt Plastiktüten“ propagiert: Man habe sich „entschlossen, den Kreislauf der ,Materialschlacht‘ unter dem Funkturm zu verlassen“, heißt es da in gestelzter Öko-Pose. Und heuchlerisch weiter: „Statt dessen ,Give-Aways‘, die ihre Wirkung eher im Kopf der Beschenkten entfalten.“ Wer wäre für derartige Suggestionen besser geeignet als die „Kids“? Die von Sat.1 – natürlich völlig uneigennützig – angepeilte, kindliche „Neugierde auf neue Erlebniswelten“ kann den seit Jahren schmarotzenden Messebesucher freilich kaum locken. Nicht nur Telekom-Beamte und IOC-Mitglieder, auch wir, das Volk, wollen korrumpiert werden.
Wo aber nur noch „lustig-bunte Sonnenkappen aus recyceltem Karton“ (Sat. 1) verschenkt werden, muß man sich selber helfen. Schon die einfache Frage etwa, was eigentlich mit all den Vorführgeräten nach der Messe passiert, kann die Fantasie des Schnorrers erheblich beflügeln.
Konsumerfahrene Bekannte etwa rieten mir dringend dazu, endlich einmal sinnvollen Gebrauch vom Presseausweis zu machen und diese Frage bei passender Gelegenheit dem einen oder anderen Firmenvertreter zu stellen. Vielleicht würde so am Ende ein günstiges Schnäppchen gelingen. Allein: Wie geht man vor? Soll man sein Anliegen eher als Bittsteller vortragen oder mit der Attitüde des Eingeweihten: „Jungs, macht mir nichts vor...“ Oder lieber ein einleitendes „Ich bin ihr Freund...“, um dann bald die Sprache auf das fehlende Zweitgerät zu bringen? Auf jeden Fall gehört eine Menge Selbstvertrauen zu derart parasitären Aktionen. Schon deshalb sollte man vorher keinesfalls am Stand der Glücksspirale vorbeigehen, wo ein Mittfünfziger jeden dritten Besucher anhaut: „Sie sehen aus, als wenn Sie noch keine Million hätten!“ Das erschwert die Sache unnötig. Achim Baum
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