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ICC-SanierungKosten für Erhalt verdoppeln sich

Statt der ursprünglich geplanten 180 Millionen sollen Sanierung und Umbau des ICC nun 330 Millionen Euro kosten. Der Abriss kommt für Regierung und Opposition nicht infrage.

Unsaniert steht es da, im Gewusel der Großstadt: das Internationale Congress Centrum (ICC). Bild: ap

Eine Sanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) kostet nach den neuesten Zahlen fast doppelt soviel wie ursprünglich geplant. Während der Senat bislang offiziell von 182 Millionen Euro ausging, sind es jetzt rund 330 Millionen. „Wenn wir das ICC für die Messe nutzen wollen, dann sind wir bei diesen Kosten“, sagte die parteilose Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz bei einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) am Donnerstag. Eine dauerhafte Schließung des Riesenbaus neben dem Funkturm und einen günstigeren Neubau lehnt die rot-schwarze Koalition weiterhin ab.

In einem Punkt sind sich alle Akteure in der Diskussion um das ICC einig: Im jetzigen Zustand kann das asbestbelastete Gebäude, an dem laut Obernitz seit seiner Einweihung 1979 „nichts Wesentliches passiert ist“, als Kongresszentrum nicht bleiben. Nach langen Diskussionen hatte sich der rot-rote Senat 2008 für die Sanierung und gegen den Abriss entschieden. Im Jahr 2009 regte der parteilose Finanzsenator Ulrich Nußbaum vergeblich an, aus Kostengründen doch über einen Abriss nachzudenken.

Die Sanierung sollte bei laufendem Betrieb stattfinden, bis sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) 2010 für eine Schließung aussprach. Die sollte zwei Jahre dauern, zum Ausgleich ein Ersatzbau kommen. Der damalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) versicherte damals, das sei ohne gravierende Einbrüche bei den Kongressbuchungen möglich.

Auch die neue rot-schwarze Regierung weicht von diesem Plan nicht ab. Im vor rund vier Monaten beschlossenen Koalitionsvertrag heißt es: „Das Internationale Congress Centrum (ICC) wird saniert und anschließend in seiner heutigen Funktionalität als zentrales Kongresszentrum weiter genutzt. Während der Sanierung wird auf dem Gelände der heutigen Deutschlandhalle eine Ersatzkongresshalle errichtet.“ Eine Obergrenze für die Kosten aber fehlt in der Koalitionsvereinbarung. Bei der IHK sagte Obernitz: „Wir müssen viel Geld in die Hand nehmen.“ Das ICC habe ja auch einen gewissen Symbolwert für die Stadt.

Selbst die von ihr jetzt offiziell genannte Summe von 330 Millionen lässt den stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Jörg Stroedter, entschiedener Gegner von Abriss und Schließung, nicht vom bisherigen Plan abrücken. „330 Millionen sind mir zu hoch“, sagte er der taz. Er geht davon aus, dass sich die Sanierung preisgünstiger machen lässt. Eine Schließung ist für ihn kein Thema: „Ich muss doch mit dem Gebäude etwas machen.“ Der Vorschlag, das ICC als großes Casino à la Las Vegas zu vermieten, kommt für ihn schon wegen des von der SPD geführten Kampfs gegen die Spielhallenflut nicht infrage. „Und auch bei einer Nachnutzung müsste man es ja sanieren“, sagte Stroedter. Für eine Sanierung sprach sich auch Grünen-Haushälter Jochen Esser aus: „Abschließen und den Schlüssel in den Gully werfen geht nicht.“

Die Geschäftsführung der landeseigenen Messe Berlin GmbH hatte zu Wochenbeginn mit Gedankenspielen um eine neue Kongresshalle für Aussehen gesorgt. Die soll lediglich 45 Millionen Euro kosten, die das Unternehmen aus eigenen Mitteln tragen will. Wie das denn möglich sei, fragte SPD-Mann Stroedter gegenüber der taz, immerhin subventioniere das Land die Messe mit vielen Millionen.

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8 Kommentare

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  • A
    Arbeitsloser

    Es gibt nichts nutzloseres als Kongresse.

  • L
    LaHaine

    Man merkt, das alte Westberlin ist wieder am Ruder. Weiter so, Rot-Schwarz, verschenkt mein Steuergeld an eure reichen Freunde!

  • EA
    Enzo Aduro

    @logo

    Ich glaub mit "neuer Kongresshalle" war nicht gemeint das man dadurch das ICC ersetzt. Da haben Sie recht, sowas kann man nicht für 45 Million Euro hinstellen.

  • EA
    Enzo Aduro

    @kdkd

    Die Bauwirtschaft braucht Aufträge?

     

    Kann es bei so viel Baustellen der Bauwirtschaft so schlecht gehen?

  • L
    logo

    Hier geraten doch die Zahlen durcheinander. Ein Bauwerk, das bei seiner Errichtung in den 70ern fast 500 Millionen Euros verschlungen hat, wird nur mit einem hohen Betrag zu sanieren genauso wie zu ersetzen sein. 45 Millionen für einen Neubau, der doch sicherlich ähnliche Kapazitäten aufweisen sollte, ist eine absolute Fantasiezahl. Hat der Mann eine Null vergessen ? Ich wette: die 300+ für Sanierungskosten sind realistisch, die 45 für einen Neubau ein Witz, der am Ende nicht mehr witzig wäre.

  • A
    aurorua

    Und das wird auch nicht reichen, aber das ist alles Kalkuel seitens der Politiker und der Auftragsnehmer aus der Wirtschaft. Je teurer je mehr Gefaelligkeiten, Posten und Poestchen fuer die Politbanausen.

    Kein Privatier wuerde solche Vertraege abscliessen, aber mit fremdem naemlich Steuergeld kann man ja um sich werfen als wuerde es vom Himmel fallen.

  • K
    kdkd

    "Das ICC habe ja auch einen gewissen Symbolwert für die Stadt."

    Ach, und der Palast der Republik hatte diesen Symbolwert nicht?

    Weg mit diesem häßlichen Ufo, und es steht wieder 1:1 in Berlin! Wäre schon eine Chance. Die Bauwirtschaft braucht Aufträge.

  • FF
    Felicitas Fassungslos

    Die spinnen! Das ICC gehört abgerissen!

     

    Diesen häßlichen Asbest -verseuchten Bau zu restaurieren ist viel zu teuer!

     

    In Berlin ist jeder 5. Mensch arm. Obdachlose erfrieren in Berlin auf der Straße! Bei den sogenannten "Tafeln" stehen die Massen nach Lebensmitteln an.

     

    Das ist dem dekadenten Senta alles scheißegal. Für die Menschen macht Rot-Schwarz nichts.

     

    Die Damen u. Herren im Senat wollen 330 Millionen Euro für so einen Schrottbau verschwenden? Die leben in einem Paralleluniversum! In einer anderen Galaxie, in der man von Geschäftsleuten male eben zum Golfspielen nach London eingeladen wird und in dem man 50.000 Euro geschenkt kriegt, wenn man 12 Tage Senator gespielt hat.