Hype um „Star Wars“: Endlich wieder Gut und Böse
„Das Erwachen der Macht“ läuft im Kino an und alle drehen durch. Was soll der Scheiß? Warum man an „Star Wars“ heute nicht vorbeikommt.
Je moderner ein Mythos, umso offener ist er für alle möglichen Interpretationen. Wer sich aber zur Einstimmung auf das Ereignis des Jahres, also den heute in Deutschland anlaufenden neuen „Star Wars“-Film „Das Erwachen der Macht“, die ersten drei Filme der Saga wieder anschaut, dürfte sich mehr als nur einmal die Augen reiben.
Erzählt wird die Geschichte eines orientierungslosen jungen Mannes aus der Wüste (Luke Skywalker), der von einem religiösen Fanatiker (Obi Wan Kenobi) in einen Kreis von Rebellen eingeführt wird. Mit einem Gebet auf den Lippen greift der junge Mann in selbstmörderischer Absicht das Zentrum einer Macht an, die mithilfe von Drohnen verzweifelt für Ordnung sorgen will. Der Überfall glückt.
Während die Mächte der Finsternis eine Bodenoffensive starten, wird Skywalker von einem weiteren Mullah (Yoda) ideologisch und militärisch für den Endkampf gegen das Imperium ausgebildet. Zusammen mit anderen Terroristen attackiert und vernichtet Skywalker am Ende eine Großbaustelle (Todesstern) – und tötet seinen Vater (Darth Vader).
„Star Wars“ ist, anders als das technizistische „Star Trek“, kein Science-Fiction. Sondern ein zufällig im Weltraum angesiedeltes Märchen, an dem sowohl Sigmund Freud als auch Gestalten wie Abu Bakr al-Baghdadi ihre dunkle Freude haben dürften.
Auch in der aktuellen Fortschreibung stehen sich das Gute und das Böse als manichäische Urkräfte der Menschheit in erfreulicher Übersichtlichkeit gegenüber. Und beide Seiten werben darum, das vereinzelte Individuum für sich zu gewinnen.
„Star Wars“-Keksförmchen bei Amazon
Zugleich tentakelt das Spektakel mit beispielloser Macht in unseren Alltag hinein. Erfinder George Lucas hatte das Vermarktungssystem erfunden. Disney führt es nun auf einen totalitären Gipfel – auf dem das Flächenbombardement mit Merchandise dem Film schon vorauseilt. Dagegen wirkte selbst „Der Herr der Ringe“ wie eine charmante Independent-Produktion.
Seit Wochen wimmelt es im Spielwarenladen von Figuren, vom tödlichen Gerätepark ganz zu schweigen. Bei Amazon sind „Star Wars“-Keksförmchen der Renner. Noch die schrumpeligste Orange wird mit Bildchen des orangenförmigen Droiden BB-8 aufgewertet. „Rewe“-Sammelbildchen, anyone?
Wer sich der massiven Mobilmachung der Aufmerksamkeit entzieht, gilt als Spielverderber. Spätestens beim nächsten Film, 2017, wird er auf die Liste mit den Defätisten gesetzt. Und 2019, zum voraussichtlichen Ende der Reihe, als Extremist verfolgt.
Glücklich der Planet, der kein wichtigeres Thema kennt als den „Krieg der Sterne“.
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