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Hurrikan "Gustav" bedroht LouisianaNew Orleans flieht

Wegen des herrannahenden Hurricanes ordnet der Bürgermeister von New Orleans die Evakuierung der US-Metropole an. Eine Million Menschen verlassen die Golfküste.

Erneut auf der Flucht: Nur drei Jahre nach Hurricane "Katrina" verlassen die Einwohner von New Orleans erneut ihre Stadt. Bild: ap

Fast genau drei Jahre nach den Verwüstungen durch den Hurrikan "Katrina" hat am Sonntag wegen des herannahenden Wirbelsturms "Gustav" erneut eine Zwangsevakuierung von New Orleans begonnen. Kurz zuvor hatte das nationale Hurrikan-Zentrum in Miami "Gustav" als "extrem gefährlich" eingestuft und eine Warnung für die gesamte Küste des Bundesstaates Louisiana ausgegeben.

New Orleans Bürgermeister Ray Nagin wandte sich sonntagfrüh in einer Ansprache an die Bewohner der Stadt. "Sie müssen sich Sorgen machen, sie müssen Angst haben und sie müssen zusehen, dass sie jetzt hier weg kommen," sagte Nagin. "Gustav" sei "der Sturm des Jahrhunderts". Der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, äußerte die Befürchtung, "Gustav" könnte noch schwerere Überschwemmungen hervorrufen als "Katrina".

Etwa eine Million Anwohner der Golfküste machten sich bereits am Samstag auf den Weg ins Landesinnere. Nachdem es zu langen Staus gekommen war, gaben die Behörden die zwei von New Orleans nach Norden und Westen führenden Autobahnen auf beiden Fahrbahnseiten für den stadtauswärts fahrenden Verkehr frei. Sonderzüge brachten rund 7.500 Senioren nach Memphis in Tennessee. 17 Sammelplätze für Menschen ohne eigenes Auto wurden ausgewiesen.

Von hier aus fuhren Busse in Notunterkünfte im Hinterland von Louisiana und Arkansas. Nach Angaben der Stadtverwaltung sollten diese Platz für mehrere Tausend Menschen bieten. An den Abfahrtsstellen und am Bahnhof bildeten sich lange Schlangen, Soldaten beobachteten die Abfertigung. Die von der Stadt vorbereitete elektronische Erfassung der Evakuierten musste wegen technischer Probleme abgebrochen werden. Wie vor drei Jahren zogen die Behörden in New Orleans 2000 Nationalgardisten zusammen, um mögliche Plünderungen zu verhindern.

Nach Angaben des nationalen Hurrikan-Zentrums befand sich das Zentrum von "Gustav" zu jener Zeit knapp 700 Kilometer südöstlich der Mississippi-Mündung. Der Sturm bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von rund 25 Stundenkilometern nach Nordwesten und soll am frühen Montagnachmittag Ortszeit auf das Gebiet von New Orleans treffen. Metereologen befürchten, dass sich "Gustav" auf seinem Weg über den Golf von Mexiko durch die hohen Wassertemperaturen bis zur Stärke Fünf ausweiten könnte. Diese höchste Kategorie von Wirbelstürmen mit Windgeschwindigkeiten von über 300 Stundenkilometern hatte auch "Katrina" im Jahr 2005 erreicht. Als "Katrina" auf das Festland traf, hatte sich der Sturm zur Stufe Drei abgeschwächt - und richtete dennoch schwerste Verwüstungen an.

Bürgermeister Nagin warnte davor, in der Stadt zu bleiben. "Anders als bei ,Katrina' wird es hier keine Hilfe mehr geben." Damals hatten sich rund 25.000 Menschen in das Footballstadion "Superdome" geflüchtet und dort tagelang auf Rettung gewartet. "Sie müssen nun der Evakuierung Folge leisten. Wir haben keine Kapazitäten, ihnen danach noch zu helfen. Auch alle Angestellten der Stadt werden New Orleans verlassen," sagte Nagin.

2005 waren über 100.000 Menschen in der Stadt zurückgeblieben, die meisten von ihnen Alte und kranke Menschen sowie Personen ohne eigene Autos. Sie wurden von der Flut eingeschlossen, viele von ihnen starben an Dehydrierung.

Bis zur vergangenen Woche war die Bevölkerung der Stadt wieder auf rund 300.000 Menschen angewachsen. Viele fürchten nun, New Orleans endgültig den Rücken kehren zu müssen.

"Gustav" hat bisher auf seinem Weg über die großen Antilleninseln, vor allem auf Jamaika, schwere Schäden angerichtet und bis zum Sonntag 81 Menschenleben gefordert, die meisten davon auf Haiti. Die Ölförderung im Golf von Mexiko wurde eingestellt.

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3 Kommentare

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  • W
    Werner

    Medizinische Fachausdrücke hin oder her, Trinkwasser in Plasticflaschen ist auch in den USA ein "wenige-cent-artikel". Bei uns 19cent für 1,5l bei Lebensmitteldiscountern.

     

    Also am Preis dürfte es nicht gelegen haben wenn jemand verdurstet ist.

     

    Entweder hat er nicht daran gedacht und/oder die Zeit bis zu einer Evakuierung war aufgrund Organisationsmängeln zu lang.

     

    Tödliche Dummheit des Betroffenden ( Eltern ) oder der Verwaltung, aber nicht die Klassenkampffrage Eigentum.

  • BW
    Bark Wind

    "viele von ihnen starben an Dehydrierung." Ein Mann, der mir ein Jahr später in einem Zug nach Denver sagte, ein Freund von ihm sei unter den Überlebenden gewesen, meinte, dieser habe ihm versichert, dass viel weniger gestorben wären, wenn statt darauf zu achten Plünderungen zu verhindern, mehr dafür gesorgt worden wäre (schon vor der Ankunft des Sturms), dass Supermärkte Getränke aus ihren Lagern (die dann oft sowieso zerstört wurden), freigebig kostenlos ausgegeben hätten. So ist das manchmal mit der Heiligkeit des Eigentums ...

  • FM
    Frank Mross

    hallo taz-redaktion,

     

    das soll jetzt nicht bürokratisch genau klingen, aber bei dem begriff 'Dehydrierung' hakte es kurz bei mir.....dachte an Chemie und nicht an Medizin. habe schnell auf Wikipedia geschaut:

     

    "In der Umgangssprache wird oft, jedoch falsch, mit dem Begriff Dehydrierung der Verlust von Wasser bezeichnet. Der fachsprachlich richtige Ausdruck für diesen Vorgang lautet Dehydratation oder Dehydratisierung. Der daraus resultierende Zustand der Austrocknung heißt in der Medizin Exsikkose."

     

    Grüße!!