Huphupbrrrrrrrrm: Erster Bremer Brummistammtisch
Das Truckerleben ist hart
Das Leben auf dem Bock ist verdammt hart. Jeden Tag führt er seinen Kampf auf Deutschlands Straßen, wird drangsaliert von den Spediteuren und der Autobahnpolizei, ist als Rüpel verrufen bei PKW-Fahrern und Öffentlichkeit.
Uwe und Ralf sitzen müde, mit rot-geränderten Augen auf Barhockern in der Ecke einer Tankstelle. Zwölf Stunden haben sie heute hinter dem Lenkrad ihrer Laster gesessen und jetzt keine Lust mehr, noch viel zu reden. Aber eigentlich sind sie heute dazu hier. Die Verkehrsbereitschaft Bremen, das Bundesamt für Güterverkehr (BAG), der TÜV Nord, der Bund deutscher Berufskraftfahrer (BDBK) und andere Organisationen, alle haben sie ihre Vertreter heute Abend zum Gewerbepark Hansalinie nach Hemelingen entsandt, um am ersten Bremer „Truckerstammtisch“ teilzunehmen. Sie, die beiden Initiatoren Kommissar Wegner und der sehr eifrige Hauptmann Vermehren, sowie etwa sechs Trucker haben sich in gebührendem Abstand zueinander um die mit Kaffee und Kuchen bestückten Stehtische versammelt.
Herr Vermehren hat früher außerhalb seiner Schichten bei der Polzei selbst noch als Lastwagenfahrer gearbeitet. In dieser Zeit hat er am eigenen Leibe erfahren, mit welchen Schwierigkeiten ein Trucker zu tun hat. In kurzer Zeit müssen verschiedene Ladungen zu mehreren Ziele gekarrt werden, oftmals dauern die Fahrten und das Entladen viel länger als kalkuliert. Oft muss der Fahrer die erlaubte Lenkzeit überschreiten. Zehn Stunden darf er eigentlich am Steuer sitzen, vor Antritt der nächsten Fahrt muss er mindestens acht Stunden geruht haben. „Dass diese Vorschriften auch eingehalten werden, ist fast nicht mehr die Regel“, weiß Herr Vermehren. Wird ein solch übermüdeter Fahrer dann von der Polizei oder vom BAG angehalten, werden ihm sofort für die nächsten acht Stunden die Papiere entzogen und er muß an Ort und Stelle stehen bleiben. Das gibt dann wieder Ärger mit der Spedition, weil Ware nicht rechtzeitig ankommt. Die sogenannten „Sozialvorschriften“, also die Lenk- und Ruhezeiten eines Fahrers, der Mangel an Parkplätzen, das Nichteinhalten der Sicherheitsvorschriften und der rüde Umgangston zwischen Polizei und Truckern sollten in Zukunft einmal im Monat am Stammtisch Thema sein. Heute sollen sich aber „alle erst mal kennenlernen und einfach ein bisschen reden“.
Uwe und Ralf wissen nicht, ob es ihnen tatsächlich Vorteile bringt was hier passiert,“aber schlecht isses bestimmt nich“, meint Ralf.
Frank, der mit am Tisch steht, hält es alles nur für „blödes Gelaber, bei dem doch nichts rum kommt.“ Er ist nur hier, weil er gehofft hat, ein paar alte Kollegen zu treffen. Aber Ralf findet, dass es schon gut ist, wenn die Öffentlichkeit mal was von ihren Brummi-Schwierigkeiten erfährt. Er und Uwe kommen eigentlich aus Srahlsund, sind aber nach Bremen gekommen, um überhaupt arbeiten zu können, „auch wenn’s en Scheißjob is“.
Frank, der Langstreckentransporte macht, stört am Verhalten der Polizei, dass sie immer dann kontrolliert, wenn er sich gerade in seinem Truck schlafen gelegt hat. Herr Vermehren, der Polizist und ehemalige Trucker stimmt zu, „dass so etwas überhaupt nicht geht“. Frank findet auch, dass Vermehrens Idee, einen Kummerkasten einzurichten, gut ist.
Nach anderthalb Stunden ist die Veranstaltung zu Ende, die beiden Gruppen haben sich etwas vermischt, und Hauptmann Vermehren ist froh, weil sein Herz ja für beide Seiten schlägt. Charlotte Salow
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