Huawei und der deutsche Netzausbau: Scheinheilige Vorwürfe
Soll Huawei beim 5G-Netzausbau ausgeschlossen werden? Die Debatte zeigt die Versäumnisse der EU-Regierungen beim Aufbau einer Infrastruktur.
J ahrelang hat es die Bundesregierung versäumt, den Ausbau der Netzwerke voranzutreiben. Bei der mobilen Netzabdeckung ist Deutschland unter den Industrieländern sogar Schlusslicht. Nun soll es nach dem Willen der Bundesregierung und der Industrie möglichst rasch gehen. Und da die europäischen Anbieter Nokia und Ericsson teurer sind und den hohen Bedarf nicht so schnell abzudecken wissen, soll Huawei aushelfen.
Doch Huawei ist aus China. Und wie alle chinesischen Unternehmen ist es gegenüber der kommunistischen Führung in Peking auskunftspflichtig. Viel schlimmer, so die Befürchtung einiger Politiker, darunter Grüne und Norbert Röttgen (CDU): Über Huawei-Technik hätte Chinas Führung die Möglichkeit, Deutschland zu sabotieren.
Was diese Argumentation so scheinheilig macht: Diese Möglichkeit besteht längst. Beim jetzigen Mobilfunk-Standard 4G sind die Chinesen bereits der größte Lieferant von Basisstationen, dem Herz einer jeden Funkzelle. Und auch bei sonstiger Technik – ob iPhone, Samsung-Smartphone oder Fritz-Box – steckt jede Menge Technik aus der Volksrepublik. Will sie Industriespionage betreiben, ist das längst möglich.
Trotzdem ist diese Debatte überfällig. Dabei sollte aber nicht im Vordergrund stehen, zu welchen Schandtaten die Chinesen technisch imstande sind, sondern warum es einem so hochentwickelten Kontinent wie Europa nicht möglich ist, eine so wichtige Infrastruktur selbst auf die Beine zu stellen.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat im Zuge seiner industriepolitischen Strategie vorgeschlagen, wichtige Industrien staatlich stärker zu fördern. Für diesen Vorstoß wurde er heftig gescholten. Wenn es die Privatwirtschaft nicht hinbekommt, springt der Staat ein. So halten es die Chinesen. Mit massiver staatlicher Unterstützung ist auch das Silicon Valley mächtig geworden. Nur hierzulande wird weiterhin verbissen an dem Glauben festgehalten, der Staat könne es nicht, er solle sich aus der Wirtschaft heraushalten. Europas Abhängigkeit von China und den USA – sie wächst und wächst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe