Hotelbauboom: Zu viele Betten in der Stadt

Die Finanzkrise setzt dem Berliner Hotelmarkt weniger als anderen Branchen zu. Aber die Konkurrenz nimmt zu und wird Opfer fordern. Denn gebaut wird immer weiter.

Nicht jedes Hotel bietet dieses Panorama: Blick aus dem Adlon Bild: DPA

Am Bahnhof Zoo kreisen Kräne über der Baustelle des Waldorf Astoria, am Potsdamer Platz hat unlängst das Scandic-Hotel Richtfest gefeiert, nahe Bellevue ein weiteres Motel One eröffnet: Der Berliner Hotelmarkt wächst. Ungeachtet der Finanzkrise entstehen Herbergen vom Fünf-Sterne-Haus bis zum Billighostel. Dabei ist der Bedarf an Betten nach Ansicht von Immobilienexperten und dem Branchenverband gedeckt. Der Konkurrenzkampf untereinander werde Opfer fordern, warnen sie.

Das Beratungshaus Treuhand spricht von mehr als 60 geplanten Projekten in den kommenden zwei bis drei Jahren, was mehr als 12.000 Zimmern entspräche. Der Berliner Hotel- und Gaststättenverband Dehoga rechnet gar mit bis zu 15.000 Betten. Zwar fahren die Protagonisten auf dem Investitionsmarkt derzeit "mit angezogener Handbremse", wie Treuhand-Experte Philipp Bessler sagt. Aber er fügt hinzu: "Berlin ist nach wie vor attraktiv für Projektentwickler." Bessler rechnet damit, dass mindestens 80 Prozent der geplanten Hotels gebaut werden. Auch Dierk Freitag vom Marktforscher BulwienGesa sagt, anders als etwa auf dem Wohnimmobilienmarkt werde auch verwirklicht, was geplant ist. "Die Hotels kommen letztlich doch alle."

Wachsen werden nach Ansicht der Experten alle Sektoren, sowohl die Luxusklasse als auch die Billighotels. "Der Budget-Anteil hat sich in der jüngeren Vergangenheit deutlich erhöht", sagt Bessler und verweist auf die Eröffnung mehrerer Motel-One-Häuser. Die Kette, die mit dem Motto "Viel Design für wenig Geld" wirbt, ist in den vergangenen Jahren rasant expandiert. In Berlin ist sie mit sechs Häusern vertreten, am Spittelmarkt soll laut Konzern in diesem Jahr ein weiteres Motel One eröffnet werden sowie eines an der Invalidenstraße 2011.

Bei den hochpreisigen Häusern sind es vor allem internationale Ketten, die investieren - sie nutzen Berlin als Einstieg in den deutschen Markt. Die Stadt gilt als Marke, für ausländische Investoren ist sie genauso attraktiv wie für Touristen: Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Übernachtungen auf 19 Millionen von 17,77 Millionen im Vorjahr.

Wer geschäftlich nach Berlin kommt, wird künftig öfter als bisher im Drei- oder Vier-Sterne-Hotel statt in der Luxusbude absteigen. Daher nehmen Immobilienexperten an, dass der gehobene Mittelklasse-Bereich am deutlichsten wachsen wird. "Es gibt eine Verlagerung hin zu preisgünstigerem Übernachten", sagt Freitag von BulwienGesa. Die Konkurrenz wird schärfer und dürfte Hoteliers von Drei- bis Vier-Sterne-Häusern mehr belasten als die Gesamtbranche. Der Sättigungsgrad bei Betten sei ohnehin erreicht, erklärt der Dehoga. 2009 sank der Umsatz je verfügbares Zimmer um mehr als 10 Prozent.

"Verlierer werden die Individualhotels sein, die den Preiskampf nicht mitmachen können", sagt der Hauptgeschäftsführer des Berliner Dehoga, Thomas Lengfelder. Wer keine spezielle Ausrichtung oder Stammkundschaft habe, werde verlieren. Eine Befürchtung, die er mit Immobilien-Experte Bessler teilt. Der sagt, das Problem der Konkurrenz werde in der Diskussion um Wirtschaftskrise und Finanzierungsschwierigkeiten oft vernachlässigt. Letztlich also könnte den traditionellen Kudamm-Hotels in absehbarer Zeit das gleiche Schicksal drohen wie den Tante-Emma-Läden: Sie werden verschwinden.

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