piwik no script img

Homophobie in KamerunPräsidententochter mag Frauen

Wer in Kamerun homosexuell ist, muss in Angst leben – oder ins Ausland fliehen. Von dort lässt nun die Tochter des langjährigen Autokraten aufhorchen.

Präsidententochter und Rapperin Brenda „King Nastyy“ Biya zeigt ihre Liebe auf Instagram Foto: instagram: kingnastyy (Screenshot)

Jaunde dpa | Kameruns Präsidententochter Brenda Biya hat mit einem Kuss-Foto auf Instagram eine Diskussion über das Verbot von Homosexualität in dem zentralafrikanischen Land losgetreten. „Ich bin verrückt nach dir und ich will, dass es die Welt weiß“, steht unter dem Foto, auf dem die 26-jährige Biya, die als Rapperin unter dem Namen King Nasty auftritt, eine extravagant gekleidete junge Frau küsst – das brasilianische Model Layyons Valença. Beide Frauen wohnen in Genf in der Schweiz. In Biyas Heimatland stehen homosexuelle Handlungen wie in rund 30 anderen afrikanischen Staaten unter Strafe. Für gleichgeschlechtlichen Sex drohen mindestens sechs Monate bis zu fünf Jahren Gefängnis.

„Ich bin so stolz auf deinen Mut“

Kamerunische wie internationale Medien stürzten sich darauf, dass sich nun ausgerechnet die einzige Tochter des seit über 40 Jahren amtierenden Staatschefs Paul Biya – mit 91 der älteste Präsident der Welt – als lesbisch geoutet habe. Brenda Biya selbst machte keine Angaben zu ihrer sexuellen Orientierung oder der Art ihrer Beziehung zu Valença, teilte aber Schlagzeilen über ihr Coming-out sowie Stimmen von Unterstützerinnen und Unterstützern.

Die LGBTQI+-Gemeinschaft in Kamerun feierte die Präsidententochter für das Foto. Die englische Abkürzung LGBTQI+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Menschen, queere sowie intergeschlechtliche Menschen, weitere Identitäten und Geschlechter. „Ich bin so stolz auf deinen Mut und deinen Weg. Danke, Brenda“, kommentierte die kamerunische Anwältin Alice Nkom, die sich für die Rechte homosexueller Menschen in Kamerun einsetzt.

„Ich freue mich so sehr für Brenda Biya und finde es toll, dass sie sich ermächtigt fühlte, dies mit der Welt zu teilen“, sagte Bandy Kiki, eine kamerunische LGBT-Aktivistin, die in Großbritannien lebt, der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Transfrau Shakiro, die in Belgien Asyl fand, nachdem sie sechs Monate in Kamerun im Gefängnis saß und nach ihrer Freilassung von einem Mob verprügelt wurde, lobte Biyas Mut und Stärke.

Kritiker sagen, vor dem Gesetz seien nicht alle gleich

Konservative Stimmen in dem vorwiegend christlichen Land übten erwartbare Kritik. Auch unter Biyas Instagram-Beiträgen sammelten sich homophobe Kommentare. „Homosexualität ist gegen die Natur, und alles, was gegen die Natur ist, ist gegen Gott“, sagte der Vorsitzende der kamerunischen Bischofskonferenz, Erzbischof Andrew Nkea Fuanya, der dpa. „Wir können nur für sie beten“, fügte er hinzu.

Biyas Foto trat zudem eine Debatte über Doppelstandards los. Mehr als 20 Menschen seien derzeit wegen homosexueller Praktiken in Kamerun im Gefängnis, schrieb Journalist Boris Bertolt. „Entweder Brenda Biya wird verhaftet oder man lässt alle frei.“ Aktivistin Kiki sagte der dpa: „Niemand sollte dafür bestraft werden, wer er ist, unabhängig von seiner sozialen Klasse und seinem Status.“

Medien des Küstenstaats mit rund 29 Millionen Einwohnern, in dem die Pressefreiheit stark eingeschränkt ist, schwiegen weitgehend. Auch Paul Biya reagierte in den Tagen nach dem Post nicht auf das Foto seiner Tochter. Der seit 1982 amtierende Präsident gilt trotz Wahlen, die von Beobachtern als unfrei und gefälscht eingestuft werden, faktisch als Diktator. Regelmäßige Aufenthalte in der Schweiz und die Luxusleben seiner Frau und drei Kinder werden mit jahrelangen Korruptionsvorwürfen gegen die Biyas in Verbindung gebracht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare