Homophober Prediger kommt nicht nach Berlin: Hassprediger lässt Stellvertreter agitieren
Der islamistische Prediger Bilal Philips, der Homosexuelle mit dem Tode bestrafen möchte, kommt doch nicht nach Neukölln. Ein auch vom Verfassungsschutz beobachteter Prediger vertritt ihn.
Der Imam Bilal Philips, der Homosexualität mit dem Tode bestraft sehen möchte, kommt am Samstag nicht wie erwartet zu einem Vortrag in die Neuköllner Al-Nur-Moschee. Dies wurde von einer Sprecherin des Innensenators bestätigt. Der Lesben- und Schwulenverband LSVD hat deshalb seine Mahnwache in Berlin vorerst abgesagt.
Philips Vortrag zum Thema "Islam, die missverstandene Religion" soll dennoch zu hören sein, wie die Al-Nur-Moschee ankündigt. Möglicherweise per Videobotschaft, vermutet der LSVD. Auf jeden Fall wird Pierre Vogel, ein zum Islam konvertierter Rheinländer, auftreten. Sowohl Vogel als auch Bilal Philips, gebürtiger Jamaikaner, der in Kanada aufwuchs und dort zum Islam konvertierte, werden vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet, wie eine Sprecherin der Behörde bestätigte. Die beiden Prediger sind Salafisten; diese Strömung des Islam verlangt eine extrem strenge Ausrichtung des Lebens am Koran und lässt nur ihre Islam-Auslegung gelten.
Der Verfassungsschutz sieht im Salafismus gegenwärtig eine der weltweit "am schnellsten wachsenden islamistischen Bewegungen". Eine der salafistischen Hochburgen sehen die Berliner Verfassungsschützer in der Neuköllner Al-Nur-Moschee, wie aus ihrem kürzlich erschienenen Jahresbericht hervorgeht.
Ein aufmerksamer Internetnutzer hatte den Lesben- und Schwulenverband auf den geplanten Auftritt von Philips aufmerksam gemacht. Denn im Internet gibt es ein Video mit einem Vortrag des Predigers zu Homosexualität. Darin argumentiert er mit großer Geste, warum Homosexualität, aber auch Ehebruch, Inzest, sexueller Missbrauch - nicht aber Polygamie - mit dem Tode bestraft werden müssen. Der Tod sei keine besondere Strafe, sondern eine, die für abweichendes Verhalten vorgeschrieben sei. Abweichend sei alles, was die Struktur der Familie und damit die Struktur der Gesellschaft bedrohe, doziert er. Immerhin gelte für mögliche homosexuelle Delinquenten ja noch das islamische Strafrecht. Es müsse vier Aussagen von Zeugen geben, die homosexuelle Handlungen bestätigen.
Imran Sagir, der Vorsitzende von Inssan, einem ebenfalls in Neukölln ansässigen islamischen Verein, ringt dagegen ehrlich damit, die moderne Gesellschaft mit dem Islam in Einklang zu bringen. Vom religiösen Standpunkt aus werde Homosexualität als Sünde begriffen, sagt er, "aber jeder kann in unserer Gesellschaft so leben, wie er leben will".
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