Holocaust-Überlebender Max Mannheimer: Versöhnung und Wachsamkeit
Es war seine Lebensaufgabe, öffentlich gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus zu kämpfen. Nun ist Max Mannheimer in München gestorben.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erklärte: „Seine Stimme wird fehlen.“ Als Opfer des Nazi-Terrors habe Mannheimer die Größe besessen, trotz der Ermordung und Auslöschung seiner Familie Deutschland nicht zu verlassen und sich stattdessen sein Leben lang gegen das Vergessen zu engagieren. Als Vorsitzender der „Lagergemeinschaft Dachau“ habe er die Bundesregierung bei der Konzeption der Erinnerungsarbeit beraten und unterstützt. Deutschland müsse sich in Zukunft auch ohne die großen Zeitzeugen wie ihn in der historischen und moralischen Bewältigung seiner jüngeren Geschichte bewähren, sagte die Ministerin.
Mannheimer wurde 1920 in Neutitschein im heutigen Tschechien als ältestes von fünf Kindern einer jüdischen Familie geboren. Im Januar 1943 wurde er mit seiner gesamten Familie in das Ghetto Theresienstadt deportiert und anschließend nach Auschwitz gebracht. Im August 1944 kam er ins KZ Dachau bei München. Max und sein Bruder Edgar Mannheimer wurden Ende April 1945 auf einem Todestransport von den Alliierten befreit. Die Eltern, die Ehefrau und die Schwestern wurden von den Nationalsozialisten getötet.
Der evangelische Pfarrer Waldemar Pisarski lud Mannheimer 1986 ein, in der Versöhnungskirche Dachau aus seinem Leben zu berichten. Das war der Beginn von Mannheimers Aktivität als Zeitzeuge. Mit ungezählten Vorträgen, Reden und Schulbesuchen hielt er die Erinnerung an die Schrecken des Nationalsozialismus wach. „Ich bin Zeitzeuge und kein Ankläger und kein Richter“, sagte er einmal. Über seine Erinnerungen verfasste er mehrere Bücher. Für seinen Kampf gegen das Vergessen wurde er vielfach ausgezeichnet.
Würdigung von allen Seiten
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte Mannheimer als Menschen, der unermüdlich gegen das Vergessen angekämpft und zugleich sein Leben in den Dienst der Versöhnung gestellt habe. Mit leidenschaftlichem Engagement habe Mannheimer eine Brücke gerade zu den jungen Menschen gebaut. Der Satz: „Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon“, bleibe Auftrag.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter nannten Mannheimer einen wichtigen Kämpfer gegen das Vergessen, Mahner und Erinnerer. „Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet, dass er nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland blieb und sich in der politischen und gesellschaftlichen Debatte so wertvoll einbrachte.“
Die KZ-Gedenkstätte Dachau erklärte, der Verlust fast seiner gesamten Familie habe den Verstorbenen tief geprägt. Durch seine künstlerische Tätigkeit – Mannheimer malte – habe er den quälenden Gedanken zu entgehen versucht. Unmittelbar nach dem Krieg habe Mannheimer vorgehabt, Deutschland zu verlassen. „Jahre später wurde es seine Lebensaufgabe, öffentlich gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus zu kämpfen“, schreibt die Gedenkstätte.
Mannheimer engagierte sich in der Lagergemeinschaft Dachau und blieb von 1988 bis zu seinem Tod deren Vorsitzender. Gleichzeitig war er Vizepräsident des Internationalen Dachaukomitees. „Seine Bemühungen um die KZ-Gedenkstätte Dachau, sein unermüdliches Engagement um die Errichtung des Jugendgästehauses in Dachau, seine Tätigkeit für den Verein “Gegen Vergessen für Demokratie„ und nicht zuletzt seine ganz persönliche liebenswerte und doch auch hartnäckige Art, mit der es ihm gelang, seine Vorhaben durchzusetzen, werden uns immer in Erinnerung bleiben, sagte die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Gabriele Hammermann.
Von einem “unersetzlicher Verlust„, sprach der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätte, Karl Freller. “Max Mannheimer hat Großartiges für Frieden, Versöhnung und Demokratie geleistet.“
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