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Hohe FrauenquoteOslos Börse ist die weiblichste der Welt

Mit einem Quotengesetz hat die norwegische Regierung den Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften auf 40 Prozent gesteigert.

Hausfrau und Mutter? Nein - Norwegerinnen arbeiten an der Börse. Bild: dpa

Börsennotierten norwegischen Aktiengesellschaften bleibt nicht mehr viel Zeit: Ab dem 1. Januar 2008 müssen sie ihre Aufsichtsräte zu mindestens 40 Prozent mit Frauen besetzt haben - sonst drohen Sanktionen bis hin zur Zwangsauflösung. Doch dazu wird es vermutlich nicht kommen. Denn der gesetzliche Druck hat geholfen: Die Quoten sind nahezu erreicht. Nach einer letzten Statistik von Mitte Dezember haben offenbar nur noch eine Handvoll kleinere Aktiengesellschaften die Gesetzesvorgaben noch nicht erfüllt.

Damit hat Norwegen die Vorreiterrolle inne - selbst im Vergleich mit den skandinavischen Nachbarländern, die alle gern ihre Anstrengungen auf dem Feld der Gleichberechtigung betonen: Die Aktiengesellschaften der Osloer Börse haben jetzt einen fast doppelt so hohen Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten wie die in Stockholm mit 24 Prozent. In Lettland, Litauen und Finnland beträgt der Anteil zwischen 16 und 21 Prozent. Deutschland hat demgegenüber lediglich 7,5 Prozent weibliche Aufsichtsräte - 3 Prozent auf der Kapitalseite und 16 Prozent auf der Arbeitnehmerbank.

"Die Börse in Oslo ist die weiblichste auf der Welt", freut sich Marit Hoel. Sie ist Direktorin des Zentrums für Corporate Diversity (CCD), das vielen Firmen bei der Suche nach qualifizierten Frauen geholfen hatte. Eine zentrale Rolle spielte dabei die CCD-Datenbank: Ein vermeintliches Totschlagargument vieler Unternehmen für die einseitige Besetzung der Kontrolleursposten ist, es gebe nicht genug qualifizierte Frauen. Tatsächlich sind diese in den meist männlichen Topmanagerzirkeln oft nicht bekannt, weil sie nicht zu alten Seilschaften gehören.

Norwegen hatte 2003 als weltweit erstes Land ein Quotengesetz verabschiedet. Als erstes an der Reihe waren staatseigene und halbstaatliche Unternehmen. Schnell zeichnete sich ab, dass sie das Quorum innerhalb der Dreijahresfrist zum 1. Januar 200 erfüllen würden. Bei den privaten Aktiengesellschaften war man geduldiger. Erst als zum Stichtag 1. Juli 2005 klar wurde, dass es so noch Jahrzehnte dauern würde, auf die 40 Prozent zu kommen, wurde auch hier ein Gesetz in Kraft gesetzt.

Ohne wäre man wohl nicht so weit gekommen, ist Hoel überzeugt. Denn in den Gesellschaften, die nicht unter das Quotengesetz fallen, hat sich in dieser Zeit nicht allzu viel an der Zusammensetzung der Aufsichtsräte geändert habe. Eine Ausweitung des Gesetzes ist aber vorerst nicht geplant.

Man hofft, dass sich auch in den Führungskreisen der weniger engagierten Unternehmen herumspricht, dass sich vielfältig besetzte Gremien lohnen. Und dass es für das Geschäft gar nicht gut ist, wenn den Bruderschaften immer nur Männer einfallen wollen, wenn es um neue Mitglieder für die Gremien geht.

Zwar bringen Frauen zwangsläufig oft noch weniger Erfahrung in der Aufsichtsarbeit mit. Doch sind sie Umfragen zufolge besser ausgebildet als ihre männlichen Kollegen. Können von diesen nur 83 Prozent mindestens das Examen einer Hochschule oder Universität aufweisen, sind es bei den Frauen 94 Prozent. Aufsichtsräte, die keine Ausbildung hatten, waren durchweg männlich.

Und es gibt verschiedene Studien, die darauf hindeuten, dass Unternehmen mit gut gemischten Gremien wirtschaftlich auch erfolgreicher abschneiden als solche mit männlich dominierter Besetzung. So zeigt eine schwedische Studie, dass sie weniger Gefahr laufen in Konkurs gehen zu müssen. Und nach einer Untersuchung der New Yorker Konsult-Firma Catalyst haben von den Gesellschaften auf der Top-500-Liste der Wirtschaftszeitschrift Forbes die mit dem höchsten Frauenanteil in den Führungsgremien eine 53 Prozent höhere Rendite als die mit dem geringsten Anteil.

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