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Hoffen auf Bonn

■ Trotz optimistischer Gesamteinschätzung des Kultursenators steht die Finanzierung auf wackligen Beinen

In den nächsten zwei Jahren, so bilanzierte gestern Kultursenator Ulrich Roloff-Momin die Ergebnisse der 40-Stunden-Sparklausur, „werden keine weiteren Theater geschlossen“. Das Soll habe man mit dem Schiller- und Schloßparktheater im vergangenen Jahr bereits erfüllt. Er bestätigte, daß bei den Gesprächsrunden des Senats zwei Institutionen auf der Streichliste standen. Daß es sich dabei um das Hebbel- und das Theater des Westens handelte, wie gerüchteweise zu vernehmen war, wollte er nicht bestätigen. „Kein Kommentar“, so Roloff-Momin. In den kommenden drei Jahren sollen die Bühnen und Opernhäuser durch Umstrukturierungen rund 70 Millionen Mark einsparen. Das sind 16 Millionen Mark mehr als ursprünglich im Nachtragshaushalt dieses Jahres veranschlagt.

Trotz der optimistischen Gesamteinschätzung durch Roloff- Momin steht die Finanzierung einer ganzen Reihe von Einrichtungen auf wackeligen Beinen, deren Etats bislang bis zu 50 Prozent über Bundesmittel gestützt wurden. In die Quere kam der jüngst abgeschlossene Hauptstadtvertrag, der für das kommende Jahr keine Bonner Kulturförderung für Berlin vorsieht. Erst 1996 werden rund 60 Millionen Mark bereitgestellt. Betroffen sind unter anderem das Bauhausarchiv, die Deutsche Film- und Fernsehakademie, die Stiftung Deutsche Kinemathek oder die Berliner Festspiele GmbH. Auf rund 148 Millionen Mark beläuft sich die Summe, die das Land bis auf weiteres aus eigenem Risiko trägt, um die Arbeit dieser Institutionen nicht zu gefährden. Gleichzeitig sollen in den kommenden Monaten die Gelder durch Nachverhandlungen von Bonn eingefordert werden. Eine finanzielle Größenordnung, die Roloff-Momin zu einem Vergleich animierte: Um die Mittel zu decken, müßten zwei Opern oder drei bis vier Theater geschlossen werden. Er rechne jedoch fest damit, daß „die Gelder aus Bonn kommen“. Die Hoffnung der Senatsverwaltung für Kultur konzentriert sich auf die Bundestagsfraktionen, die aller Voraussicht nach im März kommenden Jahres den Bundeshaushalt verabschieden werden. Vergleichsweise zurückhaltend fielen die Sparopfer aus, die von der Kulturverwaltung erbracht werden mußten. Leer geht ab 1996 die Europäische Filmakademie aus, die bislang noch 740.000 Mark aus dem Kulturetat erhält. Zurückgenommen wurde im Doppelhaushalt 1995/96 auch die vorgesehene Anhebung des Etats für Freie Gruppen um rund eine Million Mark. Ebenfalls wegfallen werden die 1,5 Millionen Mark Subventionen für das Schloßparktheaterkonzept von Heribert Sasse. Aufgegeben wurde auch der Bau eines Kulturhauses. Statt dessen soll nun für über 20 Millionen Mark das Postfuhramt in der Oranienburger Straße erworben werden. Nach einem Aus- und Umbau (geschätzte Kosten zwischen 80 und 100 Millionen Mark) sollen dort künftig Kunstausstellungen von internationalem Format stattfinden. Severin Weiland

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