Hör-Game fürs Handy: In Räume lauschen
Beim Hör-Game „Blowback“ müssen sich SpielerInnen mit den Ohren zurechtfinden. So will Deutschlandradio Kultur Jüngere fürs Radio begeistern.
BERLIN taz | Das Wichtigste ist, die Kopfhörer richtig herum aufzusetzen. Denn bei dem Smartphone- und Tabletgame „Blowback – die Suche“ orientiert man sich nur über die Ohren.
Rund anderthalb Jahre lang entwickelte Deutschlandradio Kultur das Projekt „Blowback“. Der Sender wolle die Entwicklung von crossmedialen Produkten nicht anderen überlassen, sagt Karin Moll, die das Spiel konzeptionierte, denn schließlich seien Radiosender Experten auf dem Sound-Gebiet. Das Hör-Game begleitet das gleichnamige Hörspiel. Das Game führt die Geschichte weiter, noch offene Fragen werden beantwortet. Zeit und Ort bleiben gleich.
Es ist das Jahr 2047, auf der Erde werden die letzten Süßwasserreserven knapp, der Trinkwasserpreis hat inzwischen den Goldpreis überholt. Die Journalistin Julia Khourim recherchiert zum ersten Unterwasserhotel namens Dimah in der Nordsee. Während ihres Besuchs trifft sie immer wieder auf die zwei Akteure: Großkonzerne, die den Wassermarkt beherrschen.
Sie stehen im Verdacht, die renommierte Geophysikerin Josephine Emmanuel entführt zu haben, die die Geo-Daten eines riesigen Süßwasservorkommens kennt. Auf der Suche nach mehr Informationen muss die Journalistin Khourim in die unteren Stockwerke des Hotels vordringen. Im Game – ohne etwas zu sehen.
Den Blog zu „Blockback“ mit Hörspiel und mehr Informationen zum Game gibt es hier.
Eine Stunde für 16 Level
Wie spielt man das Hör-Game? Mit dem Kopfhörer in den Ohren sitzt man vor dem Touchscreen. Dort erscheinen nur zwei Füße und ein Rad, mit dem man die Laufrichtung bestimmt. Der Ausgang des jeweiligen Zimmers wird durch ein bestimmtes Geräusch markiert, dem man folgen muss. Das kann das Klingeln eines Aufzugs sein oder der Zug eines Luftschachts. Durch die besondere Stereotechnologie entsteht ein Raumeindruck, in dem man sich zurechtfinden muss.
Schon im zweiten Level muss man ein Zimmer mit Swimmingpool durchqueren, dass man dabei nicht ins Wasser fällt, fast unmöglich – außer man ist sehr geschickt. Wer gut ist, braucht weniger als eine Stunde, um die 16 Level des Games durchzuspielen. Obwohl man sich frei durch das Unterwasserhotel bewegen kann, ist der Spielstrang linear. Sich nur über die Ohren zurechtzufinden, so Karin Moll, sei schon schwer genug.
„Blowback“ ist nicht das erste crossmediale Projekt des Senders. Bereits 2010 veröffentlichte Deutschlandradio Kultur „Radioortung“ – Hörspiele für den öffentlichen Raum. In Berlin und Köln konnten sich Zuhörer die App auf ihr Smartphone laden und etwa über den Alexanderplatz flanieren. Via GPS wurden dann Hörschnipsel an den für sie bestimmten Orten abgespielt. Damals entschieden sich die Macher gegen einen ortsbezogenen Krimi, sondern thematisierten, wie Technologie in den Alltag der Menschen eingreift.
Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft beteiligt
„Wir hoffen mit dem Projekt ’Blowback‘ auch eine jüngere Zielgruppe wieder zum Radio zu bringen“, sagt Moll, das Hörerverhalten habe sich verändert, immer weniger sitzen direkt vorm Radio. Mit Smartphones ist das Hören von Radio- und Podcasthören nun überall möglich.
Das Spiel wurde zusammen mit der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft entwickelt, auch weil Studenten billig sind: „Die Kosten würden ins unermessliche steigen“, sagt Dradio- Kultur-Hörspielchefin Stefanie Hoster, „wenn wir die Entwicklung in Euro hätten zahlen müssen.“ Dann wäre „Blowback“ nicht möglich gewesen.
Weitere Pläne für konkrete crossmediale Projekte wollte Hoster nicht nennen, doch kann sie sich grundsätzlich ähnliche Hörwelten auch für dokumentarische Inhalte vorstellen. In naher Zukunft werde immer öfter eine Vernetzung von Hörprodukten stattfinden, sagt Hoster, da muss das Radio eine wichtige Rolle spielen.
Nach der Erstausstrahlung des Hörspiels am Montag um 0.05 Uhr kann das Game im AppleStore für Smartphones und Tablet-Computer heruntergeladen werden, ist jedoch noch mitten in der Beta-Phase. Kurze Zeit später soll es auch eine Android-Version geben.
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