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HochwasserschutzHamburg schafft Flutraum

Hafenbehörde baggert Flussarm, um Tidenhub zu dämpfen und Verschlickung zu bremsen. BUND applaudiert und warnt vor Fahrrinnenausbau

Mehr Platz für die Tideelbe: Diesen Flussarm will die Hafenbehörde demnächst auf der Vordeichfläche Kreetsand baggern. Bild: hpa

Die Hamburger Hafenbehörde (HPA) will im kommenden Jahr damit beginnen, die Elbe zu renaturieren. Wie Sprecherin Karin Lengenfelder bestätigte, soll am Kreetsand beim Autobahnkreuz Hamburg Süd ein neuer Elbarm geschaffen werden. Die 47 Hektar große Überflutungsfläche soll helfen, den Tidenhub und damit auch die Verschlickung der Elbe zu verringern. Dabei entsteht auch Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen.

Die "Hamburg Port Authority" reagiert damit darauf, dass sie seit der jüngsten Elbvertiefung vor knapp zehn Jahren immer mehr Sand und Schlick aus der Elbe baggern muss. Die Wasserbauer machen dafür einen "tidal pumping effect" verantwortlich: Der Flutstrom der Elbe schwemmt mehr Sediment stromaufwärts, als das ablaufende Wasser mit in die Nordsee reißt. Der ständige Wechsel von Ebbe und Flut wirkt wie eine Sedimentpumpe.

Diese Pumpe hat nach den Erkenntnissen der HPA-Hydrologen der Mensch gebaut: Er hat die Fahrrinne immer tiefer gegraben, er hat den Fluss eingedeicht, ihm das Vorland genommen und die Nebenarme abgeschnitten. Als Folge hat sich der Tidenhub in Hamburg zwischen 1870 und heute von 1,50 Metern auf 3,60 Meter vergrößert.

Der Unterschied zwischen der Flut in Cuxhaven und der gleichzeitigen Ebbe in Hamburg ist immer größer geworden, so dass das Wasser jetzt stärker denn je in Richtung Hamburg rauscht. Der Klimawandel wird dieser Sedimentpumpe wahrscheinlich zusätzlichen Hub verleihen. Um diese Entwicklung möglichst umzukehren, plant die Hafenbehörde, zwischen Glückstadt und Geesthacht neue Flachwassergebiete zu schaffen. Wie die Poren eines Schwamms füllen sie sich mit der Flut und geben das Wasser bei Ebbe verzögert ab.

Der neue Elbarm auf Kreetsand soll den Tidenhub um zwei bis drei Zentimeter dämpfen. Dem steht jedoch die geplante Elbvertiefung entgegen. Die sollte gestoppt werden, findet der Umweltverband BUND. Denn der Fahrrinnenausbau werde den Tidenhub um sieben bis acht Zentimeter vergrößern und damit die Wirkung auf die Tide zunichte machen.

Der Kreetsander Hauptdeich ist bereits 2001 zurückverlegt worden, um einen Ausgleich für das Flächen verschlingende Deichbauprogramm Hamburgs zu schaffen. Das elbseitige Gelände liegt jedoch so hoch, dass es nur in Ausnahmefällen überspült wird. Hier helfen die Wasserbauer jetzt nach, indem sie bis 2012 einen bananenförmigen Nebenarm graben.

"Wir schaffen hier für die Elbe neues Tidevolumen und gleichzeitig ein Gebiet, das eine wichtige Funktion für den Naturschutz erfüllen wird", sagt Heinz Glindemann, der bei der HPA den Bereich Tideelbe und Hydrologie leitet. In dem neuen Flachwassergebiet werden sich seltene Tiere und Pflanzen ansiedeln, wie die Finte - ein Fisch - oder der Schierlings Wasserfenchel - eine Pflanze, die nur an der Unterelbe wächst. Das zeigen Erfahrungen mit neu geschaffenen Überflutungsgebieten.

Der Umweltverband BUND lobt das Projekt. Er verweist aber darauf, dass die Rückdeichung schon so viele Jahre zurückliegt und das Abtragen des Vorlandes aus Geldmangel immer wieder verschoben worden sei. "Kreetsand steht nicht nur für ein sinnvolles Rückdeichungsprojekt, sondern zeigt auch, wie entsetzlich lange ökologische Maßnahmen auf ihre Umsetzung warten", sagt Landesgeschäftsführer Manfred Braasch.

CDU und GAL haben in ihrem Koalitionsvertrag noch eine Reihe weiterer Gebiete aufgeführt, wo die Schaffung "naturnaher Vordeichflächen" geprüft werden soll. Dazu gehören das Ellerholz direkt neben Kreetsand, die Spadenländer Spitze gegenüber auf dem anderen Elbufer, der Spadenländer Ausschlag und die Billwerder Insel, wo bereits gebaggert worden ist.

Wie HPA-Sprecherin Lengenfelder sagt, sollen überdies verlandete Fleete oder Hafenbecken wie der Spreehafen wieder ausgebaggert werden. Das habe den Vorteil, dass auch alter giftiger Schlick entsorgt werde und die darin befindlichen Schadstoffe nicht ins Wasser gelangen könnten. "Wir wollen damit auch für Maßnahmen außerhalb Hamburgs werben", sagt Lengenfelder.

Um das Tideelbe-Konzept, das hinter diesen Projekten steht, verständlich zu machen, will die HPA am Kreetsand ein Informationszentrum bauen. Es zielt nicht zuletzt auf Besucher der für 2013 geplanten Internationalen Bauausstellung und der Internationalen Gartenbauausstellung auf der Elbinsel Wilhelmsburg. Sie sollen "das Beobachten, Verstehen und Erleben der Tideelbe als eine neue Freizeitaktivität entdecken".

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