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Hochschule und CoronaPrüfung auf dem Sofa

Einige Universitäten stellen wegen des Coronavirus den Lehrbetrieb vorübergehend ein. Das Sommersemester beginnt vielerorts auch später.

Hat jetzt auch zu: die juristische Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin Foto: Annegret Hilse/reuters

Berlin taz | In der Staatsbibliothek zu Berlin herrscht am Freitag Hektik: „Beobachtet man die Menschen, könnte man meinen, Weihnachten stehe kurz vor der Tür“, erzählt ein Empfangsmitarbeiter kopfschüttelnd. Bis unters Kinn reichen die Bücherstapel, die die Studierenden aus der Bibliothek tragen. Die Weihnachtsfeiertage liegen in ferner Zukunft, gehamstert wird trotzdem.

Ab Samstag bleiben alle öffentlichen Hochschulen sowie die Universitätsbibliotheken der Hauptstadt vorerst geschlossen. Auch haben viele Hochschulen, darunter die Uni Bayreuth, die TU Chemnitz oder die Uni Freiburg, den Lehrbetrieb vorübergehend eingestellt. Schleswig-Holstein und Bremen haben für sämtliche Hochschulen im Land den Lehrbetrieb ausgesetzt. Zudem haben viele Hochschulen ihren Start ins Sommersemester nach hinten verlegt.

Bayern, Baden-Württemberg und Berlin verkündeten bereits am Mittwoch für alle Hochschulen eine Verschiebung des Semesterbeginns auf den 20. April. Bis Samstag schlossen sich alle übrigen Bundesländer dieser Entscheidung an. Die Bremer Studierenden haben jedoch nur bis zum 17. April vorlesungsfrei; in Thüringen und im Saarland öffnen die Hochschulen am 4. Mai. Sachsen verkündet indes keine einheitliche Regelung für die Hochschulen im Umgang mit Corona.

Von der Verschiebung sind vor allem Fachhochschulen betroffen: Sie können ihren Lehrbetrieb nun erst einen Monat später als geplant aufnehmen. An den staatlichen Universitäten hingegen beginnt das Semester ohnehin frühestens Anfang April.

Online-Seminare an der TU Berlin

Christian Thomsen, Präsident der Technischen Universität Berlin (TU), rechnet bereits damit, dass sich der Start ins Sommersemester jedoch noch weiter verzögern wird. Laut Thomsen bereiten sich die Hochschullehrenden darauf vor, ihre Veranstaltungen online durchführen zu können. Die Universität unterstütze sie bei der nötigen Technikausstattung: Es müsse beispielsweise sichergestellt werden, dass alle Lehrenden eine Webkamera zur Verfügung hätten.

Für die nun anstehenden Prüfungen wird das Virus ebenfalls zu einer Herausforderung. Die Studierenden der TU beispielsweise erhalten die Prüfungsunterlagen per PDF und schicken diese nach Bearbeitung wieder zurück an die Universität. Bei der Bearbeitung setze man laut TU-Präsident auf eine gewisse Ehrlichkeit der Studierenden. Thomsen klingt positiv: „Da die Studierenden nur zwei Stunden zur Bearbeitung haben, lohnt es sich sowieso nicht, das Lehrbuch neben den Computer zu legen.“

An der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hingegen sei bezüglich der Lehrveranstaltungen im kommenden Semester derzeit noch keine Abschätzung möglich. Wenn möglich und zumutbar, sollen Prüfungen jedoch verschoben werden.

Spannend bleibt, wie die Hochschulen den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom Donnerstag umsetzen, bei der Vergabe der Studienplätze flexible Regelungen zu finden: Die LMU etwa sagte gegenüber der taz, dass „aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst noch keine Informationen zu etwaigen Verschiebungen der Abiturprüfungen und dem Umgang damit“ vorlägen. Dies würde geschehen, sobald klar ist, dass es zu einer Verschiebung kommt.

Bafög gesichert

Alle Bafög-EmpfängerInnen können indes schon aufatmen: Auch wenn Schulen und Hochschulen wegen der Covid-19-Pandemie geschlossen werden, erhalten Bafög-Geförderte ihre Ausbildungsförderung weiter. Dies regelt seit Freitag ein Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an die Länder.

Niemand solle sich wegen der aktuellen Ausnahmesituation Sorgen um seine Bafög-Förderung machen, erklärte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU).

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