Hochschulbeschäftigte fordern Tariflohn: Schluss mit prekärer Wissenschaft
Personalmangel, Überlastung und unattraktive Vergütung an Berliner Hochschulen. Die Beschäftigten fordern eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse.
Die Beschäftigten kritisieren, dass die Reallohnverluste angesichts der enormen Preissteigerungen nicht zu verkraften seien. Dies betrifft insbesondere die studentischen Beschäftigten, die lediglich den Landesmindestlohn, „13 Euro und einen Glückscent“ pro Stunde, verdienen. Mit 520 Euro monatlich lassen sich in einer Stadt wie Berlin, in der ein Zimmer durchschnittlich 630 Euro kostet, die Lebenshaltungskosten nicht decken, so ein Vertreter der Initiative TVStud. Sie fordert daher einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte.
Angesichts der unzureichenden Bezahlung sei die Anstellung als studentische Hilfskraft zu einem Privileg geworden, kritisiert Marlene Lüdorff, Tutorin am Institut für Europäische Ethnologie der HU. „Wer weniger als Cafés, Bars und Supermärkte zahlt, der sorgt dafür, dass eine Elite unter sich bleibt, die auch die Laufbahn ausmachen wird“, so der Vorwurf.
Forderung nach Tarifvertrag
Verdi fordert in der Tarifrunde für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst der Länder eine Gehaltserhöhung von 10,5 %, mindestens 500 Euro und 200 Euro mehr für Auszubildende und Nachwuchskräfte. Darüber hinaus erwartet Verdi von den Ländern einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte abzuschließen. Bislang haben die Arbeitgeber in zwei Verhandlungsrunden kein eigenes Angebot vorgelegt.
Daher rief Verdi zusammen mit Initiativen, Studierendenvertretungen und hochschulpolitische Organisationen der Humboldt-Universität, der Technischen Universität, der Freien Universität und der Berliner Hochschule für Technik, zu der zentralen Streikkundgebung auf. Neben dem Streik in Berlin beteiligten sich weitere 400 Beschäftigte an der zentralen Streikkundgebung für Brandenburg in Potsdam. Bundesweit wurde an über 50 Hochschulen gestreikt.
Personalmangel führt zu Überlastung
Für Unzufriedenheit sorgt jedoch nicht nur die mangelhafte Entlohnung der Hochschulbeschäftigten. Auch der Personalmangel führe dazu, dass das Kollegium „überlastet und an der Grenze des Machbaren“ sei, so eine Vertreterin der AG Entgeltgerechtigkeit der HU. Neben Personalmangel beklagen die Beschäftigten zudem befristete Arbeitsverträge, Hierarchieverhältnisse und unsicheren Zukunftsverhältnisse. Daher fordern sie, neben angemessener Entlohnung, einen Inflationsausgleich, die Ausfinanzierung der Universitäten, eine Überarbeitung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), einen bundesweiten studentischen Tarifvertrag und die Erhöhung des BAföG.
An dem Streik beteiligten sich Beschäftigte aus sämtlichen Hochschulbereichen. Von Verwaltung, Technik und Service über den Mittelbau bis hin zu studentischen- und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen beklagen alle Hochschulbeschäftigten fehlende Arbeitsmittel und fehlende Arbeitswertschätzung. „Wir alle teilen die gleichen Probleme. Wir wollen unseren Beitrag zu guter Lehre leisten, aber das wird zunehmend unmöglich“, klagt ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Europäische Ethnologie.
Dies blieb heute aufgrund des Streiks für Veranstaltungen geschlossen. Die Aussetzung des Normalbetriebs könnte auch noch andere Hochschulen betreffen, da bundesweit für die ganze Woche Streiks anberaumt sind. Am Mittwoch findet eine zentrale Kundgebung und Demonstration durch Berlin statt. Treffpunkt ist 09:45Uhr am Wittenbergplatz.
Die nächste Runde in den Tarifverhandlungen ist für den 7. und 8. Dezember geplant.
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