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„Hitzefrei“ für Siemens-Mitarbeiter

Explosion bei Siemens in Speyer / Galvanisiererei ausgebrannt / Dämpfe angeblich unschädlich / Arbeitsplätze sollen nicht bedroht sein / Fernmeldeanlagenbau des Konzerns „hart getroffen“  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Speyer (taz) - Die rund 800 MitarbeiterInnen des Siemens -Werkes im rheinland-pfälzischen Speyer hatten gestern im wahrsten Sinne des Wortes „hitzefrei“. Schon die Frühschicht, die gegen 6 Uhr die Arbeit im Siemens-Werk für „hochwertige Produkte der Elektro- und Feinmechanik“ (Siemens-Werbung) aufnehmen wollte, wurde am Werkstor gestoppt. Das „Herzsstück“ des Betriebes, die Galvanisiererei, stand in Flammen.

Gegen 4.15 Uhr hatte ein Wachmann einen explosionsartigen Knall vernommen; nur Sekunden später habe sich dann die automatische Warnanlage „gemeldet“, wie Betriebsleiter Wagner gegenüber der taz erklärte. Denn der Speyerer Betrieb, so Wagner, sei mit den modernsten Schutz- und Warnanlagen ausgerüstet, „die man sich nur ausdenken kann“. Die Werksfeuerwehr und die Stadtfeuerwehr Speyer seien nur Minuten nach der Explosion am „Ort des Geschehens“ gewesen und hatten sofort Messungen durchgeführt. Ein Spezialtrupp der Feuerwehr aus dem benachbarten Schifferstadt „verfolgte“ die Rauchwolke, die sich in Richtung Süden „absetzte“.

Die Polizei hatte am Morgen vorsorglich vor dem möglichen Austritt giftiger Gase gewarnt und die Einwohner der benachbarten Wohnhäuer aufgefordert, die Fenster geschlossen zu halten. Auf Nachfrage bestätigte die Feuerwehr, daß die ersten Messungen auf dem Siemens-Gelände „erhöhte Kohlenmonoxid- und Schwefeldioxid-Werte“ ergeben hätten. Dennoch habe „kein Anlaß zur Besorgnis“ bestanden, denn diese Werte hätten maximal „einem starken Autoverkehr auf der Bundesstraße“ entsprochen, meinte ein Sprecher der Speyerer Stadtfeuerwehr. Ab 8 Uhr morgens waren die Messungen nach Angaben der Siemens-Betriebsleitung dann „vollkommen negativ“. Allerdings konnte Betriebsleiter Wagner noch gegen Mittag, als das Feuer unter Kontrolle war, nicht genau sagen, was denn eigentlich in der Galvanisiererei gebrannt hatte. Wagner: „Das müssen irgendwelche Kunsstoffverbindungen gewesen sein.“

Die ausgebrannte Galvanisiererei, in der Teile für Fernsprechanlagen veredelt wurden, war das Kernstück der Speyerer Siemens-Filiale. Vor- und Nachfertigungsstufen liegen jetzt gleichfalls brach. Dem Konzern droht ein Produktionsstillstand im Fernmeldetechnikbereich, der „mehrere Monate“ dauern könnte, wie Betriebsleiter Wagner erklärte. Das Management verhandelte den ganzen Montag über mit den wenigen anderen Galvanisierereien innerhalb des Konzerns, um wenigstens die abgeschlossenen Lieferverträge einhalten zu können. Wagner: „Wenn das nicht klappt, wird es über den konkreten Millionenschaden hinaus einen unabsehbaren Schaden für den gesamten Konzern geben.“ Die MitarbeiterInnen in Speyer bräuchten dennoch keine Angst um ihre Arbeitsplätze zu haben, wie Wagner versicherte, denn der Standort Speyer soll „auf jeden Fall“ gehalten werden.

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