Historiographen am Bunker Farge: Geschichtslehrpfadnimmt Form an
■ Eine Ausstellung über die KZ's rund um Bremens U-Boot-Bunker ist geplant
„Beginnend mit dem Hospitalfriedhof den direkten Bezug zwischen Zwangsarbeit und Tod darstellen“. Am Fuß des U-Boot Bunkers „Valentin“ in einem der Konferenzräume der „Rekumer Hofs“ tagt seit Oktober letzten Jahres der Runde Tisch „Geschichtslehrpfad Lagerstraße“ und langsam gerinnt seine Arbeit zu Form. Keiner wird je genau wissen, wieviel Menschen beim Bau des Nazi-Bunkers ums Leben kamen, die Archive über Leben und Sterben im KZ und im „Arbeitserziehungslager“ rundherum wurden 1945 durch die Gestapo zerstört. Wo über den einstigen Baracken das Heidekraut wuchert, soll jetzt ein Geschichtslehrpfad entstehen.
Zeitzeugenberichte, Auszüge aus dem Standesamt – die historischen Rekonstruktionen sind langwierig. Aber Fotos gibt es – Rainer Christochowitz ist kürzlich im Bundesarchiv Koblenz fündig geworden. Christochowitz gehört zum Runden Tisch – so wie Rita Scharnhorst vom Rekumer Heimatverein oder der Bürgermeister von Schwanewede und der Standortälteste der Kaserne.
Gemeinsam bereiten sie nun eine vorläufige Ausstellung im Kahnschifferhaus vor – als „Büchsenöffner“, wie Mitorganisator Udo Jendroschek salopp formuliert: Mal sehen wie die Rekumer auf so einen Geschichtspfad vor ihrer Haustür reagieren. Kurz vor Ostern soll die Ausstellung stehen – demontabel als Wanderausstellung, auch die Sparkasse und das Vegesacker Bürgerhaus zeigen Interesse.
Kaum Interesse an einem Lehrpfad rund ums Nazi-Monument vermutet Mitinitiator Rolf-Dieter von Bargen hingegen in der Bremer Senatskanzlei. Auf fünf Einladungen an den Runden Tisch habe es nicht einmal einen Eingangsvermerk gegeben: „Wir interpretieren das als ein bewußtes Ignorieren.“ Doch Birgit Rambalski, Scherfs Bürochefin winkt ab: Man könne sich leider nicht an jeden Runden Tisch in der Stadt setzen – außerdem läge ihr nur ein Brief vor: vom 27. Dezember. Vielleicht, so wird vermutet, will man sich in Scherfs Büro einfach nicht mit dem Bausenator anlegen: Angrenzend an den geplanten Geschichtspfad hält sich Bernt Schulte nämlich Flächen für ein künftiges Gewerbegebiet frei. „Voraussetzung“ für ihren Lehrpfad sei jedoch „Kein Gewerbegebiet. Kein Windpark“, so die Geschichts-Initiative. Mehrfach wurden den engagierten Rekumern deshalb schon niedere Motive für ihr historisches Projekt unterstellt: „Ihr instrumentalisiert die Naziopfer, um den Gewerbepark vor eurer Haustür zu verhindern.“ Ein Vorwurf, dem die historiographische Integrität der Freizeit-Forscher zu widersprechen scheint. Und wie steht es doch in dem Vorentwurf des Runden-Tisch-Mitglieds Hauptmann Heiko Kania: „Die in den Flächennutzungsplänen für die Ausweisung des Gewerbegebietes vorgesehene Trasse erscheint für die Verwirklichung des Projektes angemessen.“ ritz
Für die Ausstellung werden noch 'Sponsoren' gesucht: Sparkasse Bremen, Kto: 32629586 – Stichwort „Geschichtslehrpfad“
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