Hippie-Buch im iBookstore: Apple zensiert Äpfel
Erst nahm Apple ein Buch über die dänische Hippies aus dem Angebot – weil es unbekleidete Menschen zeigte. Nun hat der Konzern auch eine zensierte Version entfernt.
STOCKHOLM taz | Es begann mit bloßen Brüsten und Geschlechtsteilen. Zwei iBooks über die dänische Hippiebewegung, illustriert mit Fotos, die ganz oder teilweise unbekleidete Menschen zeigten, wollte Apple nicht in seinem iBookstore verkaufen. Weshalb der Herausgeber die „anstößigen“ Stellen jeweils hinter knallroten Äpfelchen versteckte.
Vier Tage lang konnte man Peter Øvig Knudsens so zensierte „Hippie 1“- und „Hippie 2“-Bücher dann auch tatsächlich im iBookstore bestellen. Doch dann zensierte Apple auch diese Fassungen. Begründung? „Es gab keine“, sagt Øvig Knudsen. Auch Medien, die bei Apple nachhakten, bekamen keine oder nur nichtssagende Antworten mit einem Verweis auf die allgemeinen Richtlinien des Unternehmens. Dort ist allerdings nichts über verbotene Äpfel zu finden.
Womit die Apple-Story aber noch längst nicht zu Ende war. Am Freitag bekam Øvig Knudsen Bescheid, dass ab sofort auch die App-Fassungen seiner von der Kritik hochgelobten Hippie-Dokumentationen nicht mehr über Apples App-Store vertrieben werden.
Es handelte sich dabei um aufwendige speziell für diese Plattform entwickelte Fassungen mit Audio-Dateien, die im App-Store seit einem Jahr verkauft worden waren. „Damit wird die Zensur natürlich erst recht ernst“, sagt der Verfasser: „Die iBook-Ausgabe kann man ja auch woanders kaufen, aber die App-Ausgabe für iPhone und iPad eben nur im App-Store.“
„Unhaltbar“ sei ein solches Verhalten des Konzerns, meint auch Dänemarks Kultusminister Uffe Elbæk. Verständlich sei zwar, wenn sich Apple als globaler Konzern auf eine globale Wirklichkeit einstellen wolle: „Aber wir sind eine Region, in der vielleicht eine andere Einstellung zur Meinungsfreiheit, zu ethischen Fragen und dem Verhältnis der Geschlechter herrscht. Deshalb ist die Debatte solcher Zensur von grundsätzlicher Bedeutung.“
Er erwarte nun nicht nur eine Stellungnahme von Apple, sondern werde die Frage auch beim nächsten EU-Ministerratstreffen mit seinen Kollegen erörtern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance