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Hintergrund Kämpfe in Nigeria"Generation Koranschule"

Die militanten Islamisten im Norden des Landes lehnen eine westliche Bildung ab. Doch Aufstände der Radikalen, die sich im multikulturellen Nigeria nicht zurechtfinden, hat es mehrfach gegeben.

Größere Kämpfe mit Militanten in ländlichen Grenzregionen zu Niger und Kamerun gab es zuletzt 2004. Bild: ap

BERLIN taz | Der Ursprung des militanten Islamismus in Nigeria geht auf die Einführung allgemeiner Grundschulbildung während des Ölbooms der späten 1970er Jahre zurück. Im islamischen Norden des Landes drängte damit das offizielle englisch geprägte Schulsystem die traditionelle religiöse Erziehung an den Rand.

Es entstand ein Netz von Koranschulen außerhalb des Systems, finanziert von der schwerreichen Geschäfts- und Militärelite Nordnigerias mit guten Verbindungen nach Sudan und Saudi-Arabien. So wurden fundamentalistische Lesarten des Koran nach Nigeria importiert und machten dem bisher dominanten, eher toleranten westafrikanischen Sufi-Islam Konkurrenz.

Aufstände radikaler Islamisten, die in diesem parallelen Bildungssystem groß wurden und sich im multikulturellen Nigeria nicht zurechtfinden, hat es seitdem mehrfach gegeben. Die "Maitatsine"-Bewegung, gegründet von einem gleichnamigen Prediger aus Kamerun, lieferte sich schon Ende 1980 in Nordnigerias größter Stadt Kano blutige Kämpfe mit der Armee mit mehr als 4.000 Toten.

Größere Kämpfe mit Militanten in ländlichen Grenzregionen zu Niger und Kamerun gab es zuletzt 2004. Die Überlebenden tauchten im nordostnigerianischen Handelsknotenpunkt Maiduguri unter.

Die Gruppe "Boko Haram", die jetzt in Maiduguri Krieg führt, ist typisch für diese radikale Strömung. "Boko", eine Verballhornung des englischen "book" , bezieht sich auf Schulbücher, in der die nordnigerianische Haussa-Sprache, eine der großen Sprachen Afrikas, mit lateinischem Alphabet wiedergegeben wird; es bedeutet umgangssprachlich auch "Trick". "Haram" ist Arabisch und Haussa für "verboten".

Boko-Haram-Führer Mohammed Yusuf ist ein junger mallam (religiöser Lehrer), der in Maiduguri einen Komplex von Gebetszentren und Schulen unterhält. In Interviews hat er erklärt, die Erde sei eine Scheibe, wenn Gott das sage, und Regen sei eine Schöpfung Gottes, kein Naturphänomen. Er soll sehr reich sein und in Iran studiert haben.

Bereits Anfang 2007 wurde Muhammed Yusuf in einer Anklageschrift der nigerianischen Staatsanwaltschaft als "Mitarbeiter der nigerianischen Taliban" bezeichnet. Die Anklage richtete sich gegen den bekannten Zeitungsverleger Mallam Damagun, der demnach von al-Qaida Geld aus Sudan erhalten und an Yusuf weitergeleitet haben soll, sowie einen Bus und 30 Lautsprechersysteme "zur Förderung des Extremismus und für diverse terroristische Akte".

Die "nigerianischen Taliban" sollen dieser und anderer Anklageschriften zufolge in al-Qaida-Ausbildungslagern in Mauretanien, Pakistan und Algerien gesichtet worden sein. Damaguns Zeitung Daily Trust ist die einzige, die Yusuf während der aktuellen Kämpfe interviewen konnte.

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1 Kommentar

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  • M
    Marti

    Der Autor schreibt: "... bisher dominanten, eher toleranten westafrikanischen Sufi-Islam..."

     

    Das mit den toleranten Sufis ist ein kaum ausrottbarer Mythos. Nicht wenige Sufiorden waren und sind sehr militant.

     

    In Nigeria war es Anfang des 19. Jahrhunderts Osman dan Fodio, der Scheich einer Sufi-Bruderschaft, der sich durch Dschihad ein Reich (Sokoto-Kalifat) im Norden Nigerias eroberte und dort den orthodoxen Islam einführte.

     

    Einfach mal was zur Geschichte des Islam in Westafrika lesen, dann wird schnell klar wie dort im 19. Jahrhundert durch Dschihad weite Gebiete erobert und islamisiert wurden.