Hillary Clinton über Ehrung Obamas: Afghanistan-Krieg trotz Nobelpreis
Laut Hillary Clinton hat der Friedensnobelpreis keine Auswirkungen auf Obamas Entscheidungen bezüglich des Kriegs in Afghanistan. Der US-Präsident feilt dennoch an der Strategie.
WASHINGTON taz | Der Friedensnobelpreis wird nichts an der Haltung von US-Präsident Barack Obama zum Krieg in Afghanistan ändern. Wer darauf spekuliert, dem erteilte die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton am Montag eine klare Absage. In einem Interview des Fernsehsenders NBC sagte Clinton, der Präsident werde seine Entscheidung über die mögliche Aufstockung von Truppen am Hindukusch mit oder ohne den unerwarteten Preis "mit Bedacht" treffen. "Er (der Nobelpreis) wird die harten Entscheidungen, die der Präsident zu treffen hat, nicht beeinflussen", sagte Clinton.
"Jeder Tote und jeder Verletzte unter unseren Frauen und Männern in Uniform wiegt schwer für alle von uns", sagte die Außenministerin und versicherte ihren Zuschauern, dass die weitere Strategie in Afghanistan sehr gut durchdacht werde. Tatsächlich hatte Obama schon wenige Stunden nach Bekanntwerden der Preisvergabe mit seinen wichtigsten Sicherheitsexperten die Beratungen über neue Afghanistan-Strategien fortgesetzt. Seine Entscheidung darüber, ob er der Forderung von ISAF-Kommandeur Stanley McChrystal nach 40.000 zusätzlichen Soldaten nachkommt, wird frühestens Ende nächster Woche erwartet.
Unterdessen berichtet die Washington Post, dass die im März angekündigte Truppenaufstockung von 20.000 Soldaten deutlich höher ausfällt. Obama wolle zusätzlich 13.000 unterstützende Einheiten wie Sanitäter, Ingenieure und Militärpolizisten entsenden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Verteidigungskreise.
Die überraschende Verleihung der Auszeichnung an den Staatschef, der erst seit neun Monaten im Amt ist, hatte in den USA neben viel Häme und Schelte auch zu Spekulationen über den Einfluss der Verleihung auf die künftige Politik Obamas geführt – vor allem mit Blick auf militärische Entscheidungen des Obersten Armeechefs. Clinton betonte, sie denke, Obama habe den Nobelpreis für "seine Haltung zu Amerikas Rolle in der Welt" bekommen.
Unterdessen hat der Preis in den USA die innenpolitischen Gräben vertieft. Die meisten Republikaner versagten dem Präsidenten ihre Glückwünsche oder griffen ihn gar öffentlich an. Sie sind wie viele Kritiker der Meinung, dass Obama den Preis nicht verdient hat, weil er noch gar nichts dafür getan habe. "Präsident Obama wird keine Preise von Amerikanern für seine Arbeitsbeschaffung, fiskales Verantwortungsbewusstsein oder für das Untermauern von Rhetorik mit konkreten Taten erhalten", hatte etwa der republikanische Parteichef Michael Steele gewettert. Demokraten warfen den Konservativen daraufhin vor, dass sie sich mit der radikalislamischen Hamas oder den Taliban in ein Boot gesetzt hätten, weil deren Kritik ähnlich war. Über diesen Vergleich wiederum regten sich die Republikaner auf.
Der Preis hat Obama inzwischen auch zum Running Gag in vielen Late Night Shows gemacht – auch mit Blick auf den langen Entscheidungsprozess beim Thema Afghanistan. Der NBC-Comedian und TV-Moderator Jay Leno warnte in seiner Show etwa davor, Druck auf Obama auszuüben: "Man bedenke, er hat fünf Monate gebraucht, um sich für einen Hund zu entscheiden."
Die meisten politischen Beobachter des Landes sind sich einig darüber, dass das Preis-Komitee Obama mit der Verleihung keine Freude gemacht hat. "Aber ich bin mir sicher, dass diese Aufregung schnell verebben wird", so ein US-Diplomat in Washington. "Schließlich muss man bedenken, dass der Friedensnobelpreis in den USA für viele Menschen nicht halb so viel Gewicht hat wie ein Oscar."
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