Hilfsfonds „Heimerziehung in der DDR“: Mehr Geld gegen das Leid
40 Millionen Euro reichen nicht aus. Der Fonds für ehemalige Heimkinder der DDR wird aufgestockt. Betroffene können sich bis Ende September melden.
BERLIN taz | In diesem Jahr sollen es 25 Millionen Euro mehr sein, später könnte die Summe noch um ein Vielfaches steigen. Der Hilfsfonds, der Menschen zugute kommen soll, die in der DDR unter der repressiven Erziehung in Kinderheimen litten, wird aufgestockt. Von den ursprünglich vorgesehenen 40 Millionen Euro, die Bund und ostdeutsche Länder zur Verfügung stellten, ist bereits nach zwei Jahren kaum noch etwas übrig, berichtete Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Mittwoch. Zuvor hatte das Bundeskabinett die zusätzlichen Mittel genehmigt.
Der Fonds „Heimerziehung in der DDR“, wie der volle Name lautet, wurde zum 1. Juli 2012 eingerichtet und seitdem von mehr als 3.000 Menschen beansprucht. Diese erlebten als Säuglinge, Kinder und Jugendliche in den Heimen der ehemaligen DDR täglich Zwang und Gewalt. Ein Bericht von Bund und Ländern kam 2012 zu der Einschätzung, dass insbesondere in Spezialheimen der Jugendhilfe Menschenrechte verletzt wurden. Statt sie in die Schule zu schicken oder einen Beruf erlernen zu lassen, wurden zahlreiche Betroffene zur Arbeit gezwungen.
Die heute noch spürbaren Folgen sind schlechte Lebens- und Berufschancen sowie Traumata. Das Geld aus dem Fonds wird etwa für Therapien und psychologische Hilfe eingesetzt, individuell auf den konkreten Fall abgestimmt. Maximal gibt es 10.000 Euro für solche unmittelbaren Folgeschäden. Hinzu kommen noch Rentenersatzleistungen für die Zeit, in der die Betroffenen Zwangsarbeit verrichten mussten und deshalb keine Beiträge in die Sozialversicherung einzahlen konnten.
Bis zum 30. September dieses Jahres haben die Geschädigten noch Zeit, sich bei den Beratungsstellen in den jeweils zuständigen Ländern zu melden. Hierfür genügt eine formlose schriftliche Nachricht zum Beispiel per E-Mail. Die Adressen der entsprechenden Stellen sind im Internet abrufbar. Zeit für Beratungsgespräche und die Ermittlung des konkreten Hilfsbedarfs bleibt nach der Anmeldung noch bis zum Auslaufen des Fonds im Sommer 2017.
„Der Fonds ist nicht gedeckelt“
Ministerin Schwesig betonte in einer kurzen Stellungnahme nach der Kabinettssitzung die Bedeutung der Angelegenheit. „Kinder und Jugendliche haben Unrecht erlitten und müssen damit klarkommen. Wir können das nicht ungeschehen machen, aber ihnen helfen“, sagte sie. Es müsse auch künftig niemand Angst haben, im Regen stehen gelassen zu werden, weil der Hilfsfonds aufgebraucht wäre.
„Der Fonds ist nicht gedeckelt. Wir werden ihn so weit aufstocken wie nötig.“ Nach bisherigen Schätzungen des Familienministeriums ist jedoch von einer Größenordnung bis zu 200 Millionen Euro auszugehen. Das wäre das Fünffache der ursprünglich veranschlagten Summe. Die ostdeutschen Bundesländer hatten schon vor Wochen beschlossen, ihre Mittel zu erhöhen. Nun hat auch der Bund nachgezogen – beide teilen sich die Kosten des Hilfsfonds je zur Hälfte.
Bereits im Februar war absehbar, dass das Geld nicht für alle positiv beschiedenen Anträge ausreichen würde. Damals hatte die Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris Gleicke von einer Fehleinschätzung gesprochen. Warum zwischen dieser Feststellung und der Aufstockung durch das Bundeskabinett fast ein halbes Jahr vergehen musste, vermochte Manuela Schwesig nicht recht zu beantworten. Sie sagte nur, man habe sich schnell mit den Ländern geeinigt. „Uns war früh klar, dass wir noch etwas tun müssen“, so Schwesig.
In der DDR gab es nach Schätzungen insgesamt etwa 120.000 Heimkinder, von denen aber nicht alle Gewalt oder Zwangsarbeit erleben mussten. Diejenigen, die als Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren Arbeit verrichten mussten, können mithilfe des Fonds von Bund und Ländern pro Arbeitsmonat etwa 300 Euro zusätzliche Rente bekommen. Allerdings sind dafür entsprechende Nachweise erforderlich.
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