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Hilfe von der NatoGaddafi-Öltanker vor Malta gekapert

Die "Cartagena" mit 42.000 Tonnen Benzin an Bord wird nach Bengasi gebracht – eskortiert vom Nato-Militär. Ein schwerer Schlag für das Gaddafi-Regime.

Von Unbekannten gekapert: Öl-Tanker des Gaddafi-Regimes. Bild: Reuters

BERLIN taz | Nicht identifizierte Piraten haben im Mittelmeer einen Öltanker des libyschen Gaddafi-Regimes zugunsten der Aufständischen gekapert. Die "Cartagena" mit über 40.000 Tonnen Benzin an Bord lief gestern Mittag unter Nato-Eskorte in der libyschen Rebellenhauptstadt Bengasi ein.

Der Öltanker hatte sich in der Nähe von Malta aufgehalten, knapp außerhalb der maltesischen Hoheitsgewässer. Seine Ladung hatte er bereits im Mai in der Türkei aufgenommen, geliefert von einer Schweizer Handelsfirma, mit Tripoli im Libanon als deklariertem Zielhafen. Er nahm dann stattdessen Kurs auf die libysche Hauptstadt Tripolis. Seine Ladung sollte er im Hafen Zawiyah löschen.

Während die "Cartagena" dorthin unterwegs war, konfiszierten Nato-Marinetruppen Mitte Mai einen weiteren libyschen Tanker mit 12.750 Tonnen Benzin aus Italien, der gerade in Malta Zwischenstation machte. Daraufhin blieb die "Cartagena" vorsichtshalber auf hoher See.

Später versuchte sie, den algerischen Hafen Annaba anzusteuern – Algerien ist der wichtigste Lieferant von Treibstoff für Gaddafi –, wurde aber abgewiesen. Sie kehrte daraufhin in die Nähe von Malta zurück und wartete.

In der Nacht zum Mittwoch enterten unbekannte Bewaffnete das Schiff. Nach Angaben des Londoner Fachbriefes Petroleum Economist waren es Libyer zusammen mit Nato-Spezialkräften aus einem ungenannten europäischen Land. Die Malta Times berichtet, die Angreifer seien auf einem unbeleuchteten Zugboot mit libyscher Flagge gekommen.

Das Schiff wurde erst unter maltesischer und dann unter Nato-Eskorte Richtung Bengasi in Bewegung gesetzt. 17 Nato-Kriegsschiffe patrouillieren im Mittelmeer zur Überwachung des geltenden Waffenembargos gegen die Gaddafi-Streitkräfte.

Für das libysche Gaddafi-Regime ist das ein schwerer Schlag, denn Benzin ist wegen der internationalen Wirtschaftssanktionen, die Außenhandelsgeschäfte auf den Weltmärkten verhindern, jetzt schon knapp und teuer. Die Rebellen in Bengasi ihrerseits hatten ebenfalls Versorgungsengpässe, da sie kaum selbst Öl verkauften und deswegen sowie wegen fehlenden Zugriffs auf libysche Staatsguthaben kaum Geld hatten, um Treibstoff zu importieren.

Erst an diesem Montag erhielt der Nationalrat der Rebellen erstmals 259 Millionen Dollar eingefrorene libysche Staatsgelder aus Frankreich.

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10 Kommentare

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  • R
    @Rebell

    Für die CIA-Contras und Al-Kaida-Terroristen welche das libysche Volk für die neokolonialen Interessen der NATO terrorisieren! Und egal wie sie dies sehen möchten - sind die 1100 Zivilisten und die tausenden von Verkrüppelten der NATO-Bombardements keine Zivilisten??? Die Zerstörung von Lebensmittellagern, Energieversorgung (auch für Kühlhäuser für Lebensmittel notwendig), Schulen, Krankenhäusern, Wasserleitungen und Wasserpipelines - dies sind eindeutig KRIEGSVERBRECHEN IM SINNE DER GENFER KRIEGSRECHTSKONVENTION! Aber das Völkerrecht und das Kriegsvölkerrecht scheint Sie genauso wie die NATO und die dahinterstehenden ehemaligen Kolonialmächte zu interessieren! Seit wann unterstützt der Westen den Demokratie???? Waffen und Panzer an Steinzeitdiktaturen in Saudi-Arabien, Bahrain, Katar, Vereinigte Arabische Emirate... Mithilfe beim Sturz von Manuel Zelaya vor 2 Jahren durch eine Militärjunta in Honduras... oder denken wir zurück an Chile (Pinochet), Iran (Schah), Lumumba (Kongo), Suharto (Indonesien)... wo hat der Westen je die Demokratie unterstützt und nicht vielmehr blutrünstige Diktatoren an die Macht geputscht? Und Gaddafi ist keiner von diesen westlichen Günstlingen und hat immer eine unabhängige Politik betrieben - deswegen wird er zum Dämon stilisiert - währen die saudischen und katarischen Verbrecher-Ölscheichs und Förderer von Al-Kaida unsere Freunde sind!

  • MD
    Mega-Piraterie durch NATO und westliche Ölkonzerne

    Ich dachte die Piraten sind in Somalia - nein die modernen Piraten werden als edle 'Rebellen' bezeichnet, unterstützt werden sie von Organisationen wie der NATO oder von westlichen Banken, welche sich das Eigentum des libyschen Volkes unter den Nagel reißen um noch einen viel größeren Piratenfeldzug der westlichen Kriegs- und Mordallianz für die westlichen Ölkonzerne zur Erlangung des libyschen Öls vorzubereiten!! Ach ja das Völkerrecht - mühsam seit dem Westfälischen Frieden geschaffen und errungen - wird gerade von den NATO-Faschisten und den westlichen Banken- und Konzerneliten zerrissen und durch das Recht des Stärkern ersetzt - und die TAZ klatscht Beifall - willkommen in der neuen Weltordnung der Banken- und Konzernbarbarei!

  • BG
    Bernd Goldammer

    @knus horlanski

    Nein, diese NATO Machenschaften sind natürlich nicht von der UN- Resolution gedeckt. Aber die UN hat inzwischen offenbar das Recht des Stärkeren eingeführt. Aus meiner Sicht erweist sich die Nato, mit diesem Einsatz, als international operierende, kriminelle Vereinigung. Eigentlich müsste die UNO sofort intervenieren oder wenigstens protestieren. Weil sie das aber nicht tut, nehme ich an, dass sie das Völkerrecht für Libyen abgeschafft hat! Es ist schon irre: In Den Haag verurteilt die UNO Völkerrechtsverletzungen und einige ihrer Gefangenen sind während dieser Prozesse sogar unter mysteriösen Umständen gestorben. Und in Libyen hingegen lässt sie Kriegsverbrechen einfach geschehen. Es scheint sogar, als ob die NATO- Verbrecher sogar im Auftrag handeln. UNO oder Mafia? Ich sehe die Tatabläufe und kann es nicht mehr unterscheiden.

  • R
    Rebell

    Benzin und Öl für Rebellen - find ich gut

  • JL
    julius lieske

    Ich bräuchte mal so`n paar Rebellenjungs, mit denen ich die nächste TAMOIL-Tankstelle überfallen kann. Es ist nicht wegen Geld oder Benzin - ich machs für die Freiheit!

  • H
    Holger

    "Nicht identifizierte Piraten" mit Unterstützung von NATO Truppen; ja, das passt, das ist ein und die selbe Schublade...

  • V
    vic

    "Nicht identifizierte Piraten" :-)

  • BG
    Bernd Goldammer

    Dieser Schlag richtet sich gegen allein gegen das libysche Volk. Die Nato steht von nun an für Raub und Mord an Zivilisten. Ich hoffe die Verantwortichen bald in Den Haag zu sehen. Wieder ist klar: Der Nato Einsatz ist ein brutaler Raubzug mit billig gedungenen Bodentruppen. Wer die Rebellen sind wurde uns bisher noch nicht gesagt. Sie sollen den Libyern von der Nato aufgezwungen werden. Das ist durchsichtig und kriminell. Vielleicht schnallt es trotzdem noch jemand: Wir haben ein verbindliches Völkerrecht.Wer ruft jetzt den Sicherheitsrat an? In dieser Auseinandersetzung hat die Nato nämlich ihre Unschuld verloren. Freie und geheime Wahlen in Libyen, statt Nato Kriminalität.

  • H
    #holger

    Diese Aktion der Piraterie durch die Nato ist nicht durch die ohnehin schon massivst verletzte Resolution 1973, die noch dazu der UN-Charta widerspricht und daher illegal ist, gedeckt.

  • KH
    knus horlanski

    ähö, kann mich mal bitte jemand aufklären darüber, ob das eskortieren von piratenbeute von der un-resolution gedeckt ist?