: Hier schält der Chef
Spitzenköche enthäuten Stangenspargel – mit aller Sorgfalt und für einen guten Zweck ■ Von Elke Spanner
Nein, mit dem Weltmeister wollen sie es gar nicht aufnehmen, lacht Chefkoch Klaus Latendorf. Der schaffe „33 Stang“in einer Minute. Wenn die Spitzenköche des Hotels Vier Jahreszeiten zum Spargelschäler greifen, dann zählt Qualität, nicht Quantität. Und das nicht nur, wenn das edle Gemüse im noblen Restaurant des eigenen Hauses kredenzt wird. Ab heute präsentieren sich die Kochmeister als Küchenhilfen und schälen im Akkord und öffentlich im Elbe-Einkaufszentrum. Ein Pfund Spargel enthäutet für eine Mark – der Erlös soll einem Kinderheim in St. Petersburg zugute kommen.
Auch andere Nobelrestaurants lassen sich nicht lumpen und stellen sich „in den Dienst der guten Sache“, wie Ralf Weidemüller, Center-Manager im Elbe-Einkaufszentrum, prahlt. Die Landhäuser Scherrer, Dill und Flottbek stellen ebenfalls jeweils zwei Köche pro Tag von der Küche an das Einkaufszentrum ab. Drei Tage lang müssen sie dort wohltätig fronen. Und während sich die über 40 Köche des Vier Jahreszeiten regelmäßig abwechseln, dürfte die Hälfte der Küchenbesetzung des Landhaus Scherrer anschließend wegen Blasen an den Händen ausfallen. Jeweils zwei Köche müssen einen ganzen Tag aushalten, und das heißt: Einmal die regulären Öffnungszeiten durchschälen. Manch einer wird da wehmütig des alten Ladenschlusses gedenken, zumal die Köche des Landhaus Flottbek sich Rekordverdächtiges vorgenommen haben: 2000 Kilo schälten sie im vergangen Jahr, diesmal, kündigte Gastronom Nils Jacobsen an, wollen sie es auf 3000 bringen.
Nur eine Mark mehr pro Pfund kostet das Vergnügen, am Abend damit prahlen zu können, meisterlich geschälten Spargel aufzutischen. Angeblich soll man das sogar schmecken können, behaupten einhellig die Profi-Köche. „Man darf das Spargelmesser nicht zu grob einstellen“, verrät Heinz Wehmann, Chef vom Landhaus Scherrer und heute ebenfalls vor Ort, denn „sonst verliert der Spargel zu viel Gewicht“. Um ihn ohne bitter-holzige Rückstände zu erhalten, bedarf es nicht mal einer besonderen Ausrüstung: „Sie brauchen nur einen speziellen Spargelschäler, eine Schürze und einen netten jungen Koch.“
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