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Herthas Abschied in die zweite LigaDrehwurm im Abstiegsstrudel

Hertha BSC verabschiedet sich mit einer neuerlichen Niederlage so gut wie sicher aus dem Oberhaus und muss wohl noch einmal ganz neu anfangen. Das "Wunder von Berlin" bleibt aus.

Es führt kein Weg zurück: Herthaner verlässt das Stadion. Bild: ap

BERLIN taz | Als die Hertha abgestiegen war, da hat es einen Schlag getan. Ein Böller explodierte im Fanblock der Berliner. Krawumm. Danach war es still in der Ostkurve, totenstill. Der Kracher markierte das Ende der erstklassigen Hertha. Es ist ja bei Beerdigungen von bedeutenden Persönlichkeiten üblich, ein paar Schüsse aus dem Karabiner oder der Haubitze abzufeuern. Im weiten Rund des Olympiastadions knallte es noch zweimal, dann hatte jeder begriffen, dass Hertha, einst auch eine bedeutende Persönlichkeit der Hauptstadt, verschieden war in Liga eins.

Ein spätes Tor des FC Schalke 04 bereitete dem seit Wochen anhaltenden Hoffnungsgetröte der Herthafreunde ein jähes Ende. Es sollte nichts werden mit dem "Wunder von Berlin", das der Stadionsprecher zu Beginn der Partie noch einmal beschwören wollte. Hertha ist und bleibt Tabellenletzter. Zwei Spieltage vor Schluss ist der Klub fünf Punkte von einem Nichtabstiegsplatz entfernt. Das ist eine Distanz, die Hertha BSC nicht mehr überwinden kann. Bleiben noch zwei Partien in Leverkusen und zu Hause gegen den FC Bayern München, dann endet eine Ära. 13 Jahre spielte der Klub im Oberhaus des deutschen Fußballs. Große Pläne wurden in den Neunzigern geschmiedet. Man wollte hoch hinaus. Eine Stadt war im Aufbruch, warum nicht auch der Rasensport in Charlottenburg. Die Berliner Republik sollte als schmückendes Beiwerk einen Fußballklub bekommen, bei dem sich die Honoratioren, Minister und Staatssekretäre auf der VIP-Tribüne tummeln können, einen Verein, der angesagt und hip ist wie kürzlich noch die Mitte der Stadt. Hertha war ein Projekt, ein vielversprechendes und zukunftsweisendes. Und siehe da: Anfangs schien das Tor zur großen Fußballwelt weit geöffnet. Hertha spielte in der Champions League und in der Bundesliga meistens vorn mit.

Im Laufe der Jahre machte sich freilich Stagnation breit. Hertha BSC schaffte es einfach nicht, sich von seinem piefigen Image zu befreien und ein Fußballklub für ganz Berlin zu werden, für Ost und West, für die zugereisten HSV- oder Freiburg-Fans. Nur einmal in diesen 13 Jahren war Hertha richtig cool, was sogar vom kritischen und der Hertha eher nicht zugetanen Fußballmilieu in Prenzlauer Berg oder Kreuzberg registriert wurde: im vergangenen Jahr, als sich der Klub unter Trainer Lucien Favre anschickte, sich die Meisterschaft zu erschleichen. Aber just auf dem Höhepunkt der Sympathiewerte folgte der Fall ins Bodenlose. Das alte Westberliner Milieu bemächtigte sich wieder des Klubs und ruinierte ihn in Lichtgeschwindigkeit vollends. Die Trümmer darf Hertha nun in Liga zwei aufklauben.

Hatte Hertha Pech im Dutzend, so muss sie jetzt auch noch mit dem Spott leben, denn am 32. Spieltag haben sie es doch noch geschafft, einen Rekord von Tasmania Berlin, der legendären Gurkentruppe, einzustellen: 15 sieglose Spiele in Serie im eigenen Stadion. Dabei sah das, was Hertha BSC in der Rückrunde veranstaltete, gar nicht mal so schlecht aus. Sie sind bis dato das Team mit den wenigsten Gegentoren in dieser Halbserie, und einen Schock Chancen konnten sie sich auch immer wieder erarbeiten. Doch vor dem Tor versagten die Stürmer allzu oft. Reichten in der Vorsaison zwei, drei Möglichkeiten, um sich ein 1:0 zu ergaunern, so brauchten sie in dieser unglücklichen Spielzeit sieben oder acht für ein Unentschieden.

Auch im Spiel gegen Schalke hätten Theofanis Gekas oder Cicero treffen müssen, Hertha war zeitweise das überlegene Team. Außerdem spielten die anderen Abstiegskandidaten für Hertha, sprich, sie verloren ihre Spiele. Doch Hertha, deren Stürmer im Abstiegsstrudel offenbar einen Drehwurm bekommen haben, brachten den Ball nicht an Schalke-Keeper Manuel Neuer vorbei. "Wenn wir zu blöd sind, die Tore zu machen, dann können wir auch kein Spiel gewinnen", sagte Arne Friedrich. Trainer Friedhelm Funkel meinte: "Im Moment spricht nichts mehr für uns." Das ist wohl richtig, und der Klub kann seine Planung für Liga zwei beginnen. Die guten und teuren Spieler werden sicherlich abwandern: Friedrich, Cicero, Raffael oder Kacar. Ihre Berater dürften in diesen Tagen viel zu tun haben. Hertha BSC will den Etat um die Hälfte kürzen und direkt wieder aufsteigen. Doch jetzt müssen sie erst einmal den Donnerschlag des Abstiegs verdauen.

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