Hertha macht Aufstieg klar: Babbel ist zu cool zum Jubeln
Nach dem 1:0 in Duisburg ist der Aufstieg nun sicher. Jetzt kommen auf Trainer Markus Babbel hektische Monate zu, um die Mannschaft ersstligatauglisch zu machen.
Markus Babbel gehört zu den ruhigeren Vertretern seiner Gilde. Während die Spieler und die knapp 2.000 mitgereisten Fans wie kleine Kinder durch das Duisburger Stadion hüpfen, bleibt der Hertha-Trainer auf dem kleinen Plastikstuhl am Spielfeldrand sitzen. Kein Außenstehender hätte an seinem Gesicht ablesen können, dass sein Team soeben vorzeitig den Wiederaufstieg in die erste Bundesliga geschafft hat: Durch den 1:0-Erfolg beim MSV Duisburg am Montagabend ist Hertha BSC Berlin nicht mehr von einem Aufstiegsplatz zu verdrängen. Und dann wird der Trainer doch noch Teil der Feiergesellschaft. Mannschaft und Betreuer packen ihn an Armen und Beinen und werfen ihn in die Höhe. Da erscheint sogar vorsichtig ein verschmitztes Lächeln in Babbels Gesicht.
Zum Spiel selbst wollte er hinterher "nicht viel" sagen. Das Tor von Adrian Ramos aus der 27. Minute hatte schlicht dafür gesorgt, dass der Aufstieg, der praktisch schon vorher fix war, jetzt auch zahlenmäßig nicht mehr angezweifelt werden konnte. Was anschließend auf dem grünen Rasen passierte, interessierte eigentlich niemanden mehr. "Mich freut es unglaublich für die Mannschaft, dass sie für ihre harte Arbeit belohnt wurde", blieb Babbel gewohnt bescheiden.
Dabei war es weniger die biedere Konkurrenz, die der Hertha in der zu Ende gehenden Saison Probleme bereitet hatte: Vor allem die hohe Erwartungshaltung der Fans und der Druck der nicht gerade zimperlichen Hauptstadtpresse machten den Wiederaufstieg zur Pflicht. Hinzu kommt ein Bankkonto mit einem dicken Minus vor einer hohen achtstelligen Summe. Ein Scheitern hätten weder die Akteure noch der Verein überlebt. "Es war ein verdammt hartes Jahr, aber am Ende sind wir alle glücklich, dass wir das über die Bühne gebracht haben", sagte Sportdirektor Michael Preetz. Die Erleichterung war ihm nicht nur anzuhören. Preetz zitterte vor Glück.
Doch nach Erfüllung der Pflichtaufgabe beginnt nun für Babbel und Preetz die eigentliche Arbeit. Angesichts des hohen Schuldenstandes sind keine spektakulären Transfers zu erwarten. Der Etat für die kommende Saison wird auf 55 Millionen Euro geschätzt. Das entspräche einem Platz im soliden Mittelfeld, irgendwo neben Hoffenheim oder Frankfurt. "Wir haben nicht vor, einen unserer Leistungsträger abzugeben", sagte Preetz. Vor allem Nachwuchsleute wie der 19-jährige Pierre-Michel Lasogga, der gleichaltrigeee Fanol Perdedaj oder der 18-jährige Nico Schulz sollen längerfristig gebunden werden.
Wohl auch, weil die Namen der möglichen Neuzugänge eher unspektakulär klingen: Angreifer wie der Münchner Löwe Benny Lauth oder Martin Fenin von Eintracht Frankfurt haben ihre Erstligatauglichkeit in der Vergangenheit nur andeuten können. Auch Spieler wie der Nürnberger Andi Wolf, Andreas Ottl von den Bayern oder Dortmunds Dede sind vor allem solide Kicker. Hinzu kommt: Keiner der Namen wurde bislang bestätigt.
Dabei besteht besonders auf der Torwartposition Handlungsbedarf. Der Niederländer Maikel Aerts spielte nicht wirklich konstant. Florian Fromlowitz von Hannover 96 oder Thomas Kessler vom FC St. Pauli könnten ihn ersetzen. Außerdem steht Ex-National-Torhüter Timo Hildebrand von Sporting Lissabon im Fokus. Markus Babbel spielte einst beim VfB Stuttgart mit ihm.
Die kommenden Monate dürften daher für die Verantwortlichen hektisch werden. Babbels Gelassenheit sollte dafür sorgen, dass sich der Verein in der ersten Liga wieder zurecht findet. Der Trainer hat als Spieler im In- und Ausland schon alles erlebt: Triumphe, Niederlagen, Krankheit. In den wenigen Krisenmomenten dieser Saison bewahrte er stets Haltung. "Ich bin ein eher robuster Typ, der das besitzt, was man ,bayerische Bierruhe' nennt", so seine Eigenbeschreibung.
Tatsächlich verkörpert Babbel eine angenehme Mischung aus Zurückhaltung und Kompetenz, die der Hertha in der Vergangenheit allzu häufig gefehlt hatte. Ein Kontrastprogramm zum mitunter hysterischen Umfeld, das sich seit vielen Jahren auf Augenhöhe mit der nationalen und auch internationalen Spitze sieht, aber nur selten ganz oben mitspielen durfte.
Dass Babbel sich dieser euphorischen Stimmung nicht völlig entziehen kann, zeigt seine Aussage nach der eher widerwillig ertragenen Bierdusche am Montagabend: "Sollten wir die Meisterschaft gewinnen, dann kann ich auch ganz anders." Er meinte natürlich die Zweitligameisterschaft. Hoffentlich haben das in der Hauptstadt alle verstanden.
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