piwik no script img

Hertha BSCHerthaner schreiben die Saison ab

Beim Spiel der glücklosen Hertha BSC gegen Werder Bremen im Olympiastadion steht es am Ende wieder einmal 1:2. Die Vereinsverantwortlichen appellieren vergeblich an Ehre und Gewinnstreben der Spieler.

Nüchtern betrachtet, wog die 1:2-Niederlage der Berliner gegen Werder Bremen am Samstag nicht schwer. Manager Dieter Hoeneß hatte ja bereits vergangene Woche verkündet, dass der Verein in dieser Bundesliga-Saison auf seiner perspektivlosen mittleren Tabellenposition weder etwas zu gewinnen noch zu verlieren hat. Den Druck des Gewinnenmüssens hatten zuletzt nur die Gegner gespürt, und die Berliner haben barmherzig ihre Option des Verlierendürfens übernommen. Gegen Schalke, Cottbus und nun Bremen hieß es am Ende jeweils 1:2.

Allerdings haben sie in keinem der Spiele ihre Punkte leichtfertig verschenkt. Auch gegen Werder stemmten sich alle eifrig gegen den Negativtrend. "Das Engagement hat gestimmt. Und man muss bedenken, wir mussten vier verletzte Stammspieler ersetzen", resümierte Hoeneß. Zwar machten sich beim frühen 0:1-Rückstand nach 37 Sekunden mit Rudolf Skacel, Josip Simunic und Torwart Jaroslav Drobny gleich drei Hertha-Spieler der ungehörigen Hilfeleistung für Bremens Schützen Markus Rosenberg verdächtig, doch Andre Lima sorgte kurz darauf für den Ausgleich. Nach einer Freistoßflanke köpfte der Brasilianer in der 10. Minute ins Tor. Trainer Favre lobte: "Das Team hat in dieser Phase gut reagiert."

Was sich aber danach ereignete, gefiel ihm nicht. Der Schweizer bemängelte zu viele leichte Ballverluste und den Mangel an Mut seiner Profis, ihren Kombinationen auch ein Ziel zu geben. In den gegnerischen Strafraum drangen sie nämlich nur selten ein. Daran krankt das Berliner Spiel schon seit langem. Am Samstag kam verschärfend hinzu, dass Marko Pantelic, der treffsicherste Stürmer, verletzungsbedingt fehlte und der offensive Raffael in der Halbzeitpause wegen eines Muskelfaserrisses ausgewechselt werden musste. Die Verletzung hatte er sich bereits nach 20 Minuten zugezogen, sie jedoch erst beim Kabinengang gemeldet, was Favre sehr erzürnte. Nun wird Raffael wohl zwei Wochen ausfallen.

In der zweiten Halbzeit verlegte sich Hertha wie so oft auf das Schießen aus der Ferne. In der 70. Minute wäre Hertha auf diese Art auch beinahe in Führung gegangen. Lima traf aus 30 Metern das Lattenkreuz. Vielleicht hatte Arne Friedrich diese Szene vor Augen, als er hinterher vom Quäntchen sprach, das zum Erfolg fehlen würde. Vielleicht meinte er aber auch die letzte Entschlossenheit, die die Mannschaft aufgrund ihres ambitionslosen Tabellenrangs nicht aufbringen kann. Bei dem lange in der Luft bleibenden Ball, den Torsten Frings in der 73. Minute zu Tim Borowski schickte, wirkte die Berliner Abwehr jedenfalls seltsam erstarrt. Die Folge der Passivität war das 2:1 für Werder.

Bei Hertha sinnen mittlerweile alle angestrengt darüber nach, wie man das Team wieder unter Spannung setzen könnte. Vor dem Spiel erinnerte Hoeneß bereits daran, man hätte eine Verpflichtung gegenüber den Fans. Geschäftsführer Ingo Schiller mahnte, dass sich mit einem besseren Tabellenplatz die finanziellen Zuwendungen an den Verein erhöhen würden. Verteidiger Sofian Chahed appellierte nach der Partie gegen Werder etwas wirr zugleich an die Ehre und das Gewinnstreben seiner Mitspieler: "Es laufen einige Verträge aus. Nun zeigt sich, wer Charakter hat." Arne Friedrich warnte gar: "Wir müssen weiterhin nach unten schauen. Wir haben noch schwere Gegner."

Dass Hertha tatsächlich noch einmal in den Abstiegskampf hineingerät, ist zwar eher unwahrscheinlich - drei Punkte aus den verbleibenden sieben Spielen dürften für den Klassenerhalt genügen -, doch allzu lapidar sollten die Berliner das Restprogramm tatsächlich nicht angehen. Es wird ja immer wieder betont, dass das Team in zwei Jahren die Champions-League-Reife erreicht haben soll. Dieses große Vorhaben sollte jetzt nicht konterkariert werden. So versicherte auch Trainer Lucien Favre: "Wir müssen und wollen nächste Woche in Bochum punkten."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!