Hermannus Pfeiffer über die Entscheidung der amerikanischen Fed: Spagat für Mario Draghi
Das Trump-o-meter steigt wieder weiter an. Nach dem Deal mit den Demokraten, der die Finanzierung des Bundeshaushalts bis Dezember in den Vereinigten Staaten sicherstellt, darf sich US-Präsident Trump auch noch über seine Notenbank Fed freuen. Die bedingt unabhängigen Zentralbanker um Fed-Chefin Janet Yellen – deren Amtszeit in einem Jahr endet – beginnen, ihre aufgeblasene Bilanzsumme nach und nach zu reduzieren. Eine Zeitenwende. Gleichzeitig beließen sie den Leitzins bei weiterhin niedrigen 1,00 bis 1,25 Prozent.
Mit diesem Spagat reagiert die amerikanische Notenbank auf Wirtschaftszahlen, die zwar Wachstum und mehr Jobs anzeigen – aber eben nur moderat. Das Festhalten an minimalen Zinsen und damit an billigen Krediten für Häuslebauer, Betriebe und Spekulanten soll die Konjunktur weiter stützen.
Yellens Kollege von der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, ist in einer weniger komfortablen Lage. Die Euro-Krisenländer im Süden wackeln wirtschaftlich weiter, und viele Regierungen halten dennoch eisern an Austerität und einem bremsenden Sparkurs fest. Während Trump die US-Wirtschaft mit Mauerbauen, Infrastruktur- und Rüstungsprojekten großzügig ankurbeln will.
Also kann Yellen erst einmal in ein zweites Spielfeld grätschen, die Finanzmärkte. Der massive Ankauf von Anleihen und anderen Wertpapieren hat die Fed-Bilanz auf über 4 Billionen Dollar aufgeblasen. Diese Dimension ist für sich schon riskant.
Zugleich treiben die in der Not der Finanzkrise aufgeblasenen Zentralbankbilanzen die Vermögenswerte in bislang kaum gekannte Höhen. Zur Freude der Bessergestellten, auf Kosten der Schlechtergestellten. Der Spagat der Fed nährt nun die Hoffnung, dass die Luft aus den Blasen an Börsen und auf Immobilienmärkten entweichen kann. Langsam. Und ohne einen neuen Finanz- und Wirtschaftskrach auszulösen. Das hilft auch Draghi.
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