piwik no script img

Hermannus Pfeiffer über die Auswirkungen Des ÖlpreisVerfallsTrojanisches Pferd

Nur für Wachstumsfetischisten ist der Ölpreisverfall eine gute Nachricht. Die sinkenden Energiepreise drücken die Kosten und machen deutsche Waren im Ausland billiger. Unterstützt wird dies durch die ebenfalls seit Längerem abnehmenden Kosten für Industrierohstoffe. Das billige Öl befeuert so das Wachstum der deutschen Exportbranchen. Und die stehen für mehr als ein Drittel der deutschen Volkswirtschaft.

Doch der Preis dafür ist hoch. Für den Schutz der Umwelt sind fallende Ölpreise schlecht. Der ökonomische Antrieb für eine ökologische Transformation wird erheblich geschwächt.Künftig werden noch mehr und noch größere Autos unsere Städte belasten. Alternative Wärmeerzeugung wird sich weniger rechnen. Und drastische Energieeinsparungen zahlen sich für die Wirtschaft nicht mehr wie in der Vergangenheit aus.

Zu den Verlierern des Verfalls von Energie- und Rohstoffpreisen gehören übrigens auch Venezuela, Brasilien und Russland. Vielen Schwellenländern versiegen ihre wichtigsten Einnahmequellen.

Öl sollte uns stattdessen lieb und teuer sein. Seit den Ölkrisen in den siebziger Jahren wurde die Wirtschaft dadurch, dass die Energiepreise stiegen, zu Hochtechnologien angetrieben. Unternehmen waren zum sorgsamen Umgang mit Energie, Rohstoffen und der menschlichen Arbeitskraft genötigt. Hohe Preise für Erdöl und für das daran gekoppelte Gas, die hohen Kosten für Rohstoffe – wie übrigens auch hohe Löhne – machten Unternehmen erfinderisch.

Die meisten unbekannten Weltmarktführer sind in der deutschen Provinz zu Hause. Sie wurden durch hohe Ölpreise zu ihren Innovationen geradezu gezwungen, sonst hätte ihnen der Untergang gedroht. So wuchsen etwa im Schwarzwald aus der Textilindustrie global führende Maschinenbauer und Elektroniker heran. Der von den „alten“ Opec-Staaten vor allem im Nahen Osten beförderte Ölpreisfall ist ein trojanisches Pferd.Wirtschaft + Umwelt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen