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Herabsetzung des WahlaltersAb 16 Jahren an die Urne

In Schleswig-Holstein durften schon 16-Jährige bei der Landtagswahl abstimmen. Das ist in nur drei weiteren Bundesländern ebenfalls möglich.

Erst wählen, dann paddeln: Bootstour auf dem schleswig-holsteinischen Flüßchen Teene Foto: imago/nordpool/riediger

Berlin taz | Kira Kock ist immer noch euphorisiert. Die 16-jährige Gymnasiastin aus Kiel gab am 7. Mai ihre Stimme bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ab. Damit war Kira Kock eine von 60.000 Stimmberechtigten im Alter von 16 und 17 Jahren. Insgesamt durften im nördlichsten Bundesland 2,3 Millionen Menschen wählen.

Seit 2013 ist es in Schleswig-Holstein möglich, dass Jugendliche wie Kira Kock schon abstimmen dürfen. Die gerade eben abgewählte Landesregierung (SPD, Grüne, SSW) setzte damals das Wahlalter für Kommunal- und Landtagswahlen auf 16 Jahre herab.

Nur drei weitere Bundesländer halten es genauso: Brandenburg, Bremen und Hamburg. In fünf Bundesländern dürfen die jungen Wähler zwar bei Kommunalwahlen abstimmen, nicht aber bei der Landtagswahl. Das ist in Niedersachsen, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen der Fall.

In Hessen galt 1998 ebenfalls das herabgesetzte Wahlalter – aber nur für kurze Zeit. Denn die Regierung unter Roland Koch machte das entsprechende Gesetz 1999 wieder rückgängig.

Daten darüber, wie die 16- und 17-jährigen in Schleswig-Holstein am vergangenen Wochenende abgestimmt haben, sind nicht erhoben worden. Eine Sprecherin des Statistischen Amts für Hamburg und Schleswig-Holstein sagte der taz, dass dies „eine Anweisung von oben“ gewesen sei. Sie habe sich mit ihren Kollegen selbst darüber gewundert, da solche Informationen doch interessant gewesen wären.

Viele Deutsche gegen Wahlrecht ab 16

Auch Professor Robert Vehrkamp, Demokratieforscher der Bertelsmann Stiftung, findet die Informationslücke bedauerlich. Aber er konnte mit seinem Experten-Team feststellen, „dass die Aktivierung von Jungwählern in Schleswig-Holstein sehr gut funktioniert hat“, so Vehrkamp der taz.

Doch reiche es nicht aus, das Wahlalter herabzusetzen. Man müsse die Jungwähler aktiv begleiten. „Die Landesregierung war so klug, viele unterschiedliche Begleitmaßnahmen an Schulen durchzuführen“, sagt Robert Vehrkamp.

Das kann Kira Kock bestätigen. Neben allerhand Infomaterial habe es an ihrem Gymnasium diverse Podiumsdiskussionen zum Thema Landtagswahl gegeben, sagt sie der taz. Zudem sei der „super coole Wahl-o-mat“ eine gute Möglichkeit für junge Menschen gewesen, um herauszufinden, welche Partei am ehesten zu einem passen würde.

Laut einer 2015 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführten Allensbach-Umfrage, die ebenfalls von Professor Robert Vehrkamp betreut wurde, ist die Mehrheit der Deutschen gegen ein Wahlrecht ab 16 Jahren. 80 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass die Altersgrenze bei 18 Jahren bleiben sollte. Lediglich 13 Prozent waren dafür, sie um zwei Jahre zu senken.

Wählen ab 16 Jahren ist demokratiestärkend

Professor Robert Vehrkamp

Kira Kock begrüßt die Möglichkeit in ihrem Bundesland wählen zu können. „Dadurch werden auch junge Menschen in die politische Teilhabe eingebunden“, so Koch. In der Schule werde man dementsprechend praxisnah an die Themen Politik und Demokratie herangeführt. „Dürfen sie erst ab 18 wählen, müssten die jungen Menschen sich selbst darüber informieren“, bemerkt Kira Kock.

Professor Robert Vehrkamp kann dem nur zustimmen. Das Argument „Politik hat in Schulen nichts verloren“, halte er für höchstproblematisch und demokratiefeindlich. Gerade weil Schüler immer mehr Zeit in Ganztagsschulen verbringen würden, „wird in den Familien immer weniger über Politik gesprochen“. Daher hält Vehrkamp solche Maßnahmen an Schulen für „demokratiestärkend“ und eine langfristige Möglichkeit, der niedrigen Wahlbeteiligung in Deutschland zu begegnen.

Eventuell wird aber auf die aktuelle Euphorie bei den stimmberechtigten jungen Wählern in Schleswig-Holstein im September der Wahl-Blues folgen. Denn zur kommenden Bundestagswahl werden viele noch nicht volljährig sein.

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