piwik no script img

Hells-Angels-Verbot in BerlinFalsche Engel knattern noch

Gerade erst wurde eine neue Unterabteilung gegründet: Nicht alle "Hells-Angels"-Gruppen in Berlin sind verboten. Warum eigentlich nicht?

BERLIN taz | Als notwendigen, aber nicht letzten Schritt gegen Rockerkriminalität nannte Innensenator Frank Henkel (CDU) das Verbot des „Charter Berlin City“ der „Hells Angels“. Damit liegt er wohl richtig: Denn die Rocker sind weiter in der Stadt aktiv: Sie gründeten erst am Sonntag eine neue Unterabteilung.

Seit Jahren arbeiteten die Sicherheitsbehörden an dem Verbot der Berliner „Angels“. Allein: Straftaten, die nachwiesen, dass der eigentliche Zweck der Gruppe ein rein krimineller ist, blieben rar.

Das änderte sich 2010, mit dem Übertritt von rund 80 eigentlich verfeindeten „Bandidos“ um den Boxer Kadir P. zu den „Angels“. Die formierten sich erst als „Hells Angels Nomads Turkey“, bevor sie in kürzester Zeit zu Vollmitgliedern wurden: 43 Mitglieder bildeten den „Charter Berlin City“, 40 Mitglieder die Unterstützergruppe „MG 81“.

Schießereien und Überfälle

Die Truppe um P., fast alle Migranten, gilt als äußerst gewaltbereit. 2008 hatte sie zwei „Hells Angels“ mit Macheten und Baseball-Schlägern verprügelt. P. bekam dafür eine Bewährungsstrafe. Henkels Verbotsverfügung listet Schießereien, Drogenhandel, Zuhälterei, einen Raubüberfall auf einen Juwelier, die Erpressung zweier Frisörläden und einen versuchten Totschlag auf. Das reichte für ein Verbot.

Nicht davon berührt ist die Berliner Ur-Abteilung der „Hells Angels“, das „Charter Berlin“, das seit 1990 am Spandauer Damm in Charlottenburg residiert und sich unauffälliger geriert. Auch die „Hells Angels Nomads“ existieren weiter – sie zogen kürzlich nach Oranienburg. Und erst am Sonntag verkündeten die Rocker eine Neugründung: das „Charter East District“.

Laut „Hells Angels“-Sprecher Rudolf Triller liegt es „irgendwo in Berlin“. Wo die bisherigen „City“-Mitglieder unterkommen, wollte er nicht sagen. Ermittler vermuten das „irgendwo“ in der Pankower Streustraße. Dort trafen sich bis vor kurzem die „Bandidos Southside“, bevor auch sie zu den „Hells Angels“ übertraten. Am Montag bemerkte die Polizei in der Straße 62 Rocker. Das neue „Berlin City“?

Unter Kripo-Leuten heißt es, P. werde sich wohl kaum anderen Anführern unterordnen. Ob auch er in der Streustraße war, mochte die Polizei nicht sagen. Dafür spräche, dass sich die Ex-„Bandidos“ um ihren Präsidenten Grischa V. angeblich den „Hells Angels“ in Potsdam anschließen sollen.

Dort durchsuchte die Polizei am Mittwochabend das Clubhaus der Rocker – und beschlagnahmte Axtstiele, fünf Macheten und Pfefferspray. Unter den 21 „Angels“ waren auch Mitglieder des gerade erst verbotenen „City Chapter“. Laut Polizei wurden in dem Lokal Absprachen getroffen, die „dem Vereinsverbot der Berliner Hells Angels entgegenstehen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen