Haushaltsentwurf 2024: Klar zur Wende auf Sparkurs
Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf für 2024. Der sieht Einsparungen beim Elterngeld und beim Radverkehr vor.
Dabei war das, was Lindner verkündete, alles andere als lustig. Der an diesem Mittwoch im Kabinett beschlossene Haushalt sieht für das kommende Jahr zwar noch Ausgaben in Höhe von knapp 446 Milliarden Euro vor. Das sind aber 30 Milliarden weniger als in diesem Jahr, was sich in fast allen Ressorts schmerzhaft in Form von Kürzungen niederschlägt. Denn der Bund will künftig kaum noch neue Schulden aufnehmen, Lindner nennt das die Rückkehr zur haushaltspolitischen Normalität.
Lange hatten SPD, Grüne und FDP um den Haushalt gerungen. Die zunächst für das Frühjahr angekündigten Eckpunkte hatte Lindner erst verschoben, dann ganz fallengelassen und sich zuletzt auch beim Kanzler Hilfe in den Verhandlungen mit den Minister:innen geholt. Die schwierige Haushaltslage ergibt sich zum einen aus der Schuldenbremse, die neue Kredite nur noch im Ausnahmefall erlaubt. Von 215 Milliarden Euro im Jahr 2021 und 115 Milliarden im Vorjahr sinken die Neuschulden auf 16 Milliarden im kommenden Jahr. Zum anderen beharrt vor allem die FDP darauf, keine Steuern zu erhöhen.
Die sich nun logisch ergebenden Einnahmelücken müssen alle Minister:innen mit Ausnahme des Verteidigungsministers stopfen. Besonders heftig trifft es das Haus der grünen Außenministerin Annalena Baerbock, die ihren Etat um ein Sechstel kürzen muss, darunter 1 Milliarde für humanitäre Krisenhilfe im Ausland.
Aber auch die Sozialkassen leiden, so soll der Pflegevorsorgefonds ausgesetzt und damit eine Milliarde Euro eingespart werden. Im Pflegevorsorgefonds soll eigentlich Geld angespart werden, um künftig die durch mehr Pflegebedürftige, aber weniger Beitragszahler:innen zu erwartenden massiven Beitragserhöhungen abzumildern. „Eine nachhaltige Finanzierung der Pflege ist dringender denn je, doch stattdessen schwächt der Minister das einzige Element der Teilkapitaldeckung, das wir in der Sozialversicherung haben“, sagt DAK-Vorstandsvorsitzender Andreas Storm.
Debatte um Elterngeld
Insgesamt schrumpft der Etat des Bundesgesundheitsministeriums nach der Rekordausstattung in den Coronajahren um knapp 34 Prozent – von 24,5 Milliarden in 2023 auf 16,2 Milliarden Euro in 2024. „Die Kürzungen im Etat des Bundesgesundheitsministeriums führen zu einer Umverteilung von den Steuer- auf die Beitragszahlenden und treffen damit die Schwächsten in unserer Gesellschaft am härtesten“, so Storm.
Heftig debattiert wird auch über die geplanten Kürzungen beim Elterngeld. Für Familien mit einem Einkommen von mehr als 150.000 Euro pro Jahr soll die Leistung gestrichen werden. Hier schieben sich Grüne und FDP wechselseitig die Schuld zu. In einem öffentlich gewordenen Briefwechsel empörte sich Familienministerin Lisa Paus vergangene Woche gegenüber dem Finanzminister: „Sie fordern mein Haus auf, strukturelle Einschnitte bei einer gesetzlichen Leistung vorzunehmen, die zu den populärsten familienpolitischen Leistungen und größten gleichstellungspolitischen Errungenschaften des Landes gehört.“ Woraufhin Lindner entgegnete, der Einsparbetrag könne auch an anderen Stellen realisiert werden.
Wo sie sparen, entscheiden die Minister:innen selbst. Verkehrsminister Volker Wissing, FDP, will etwas mehr Geld für den Bau von Autobahnen und Fernstraßen ausgeben, kürzen will er dagegen beim Rad- und Fußverkehr. Im nächsten Jahr will der Bund noch rund 400 Millionen Euro für die Radinfrastruktur zur Verfügung stellen und damit 160 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Gegenüber 2022 ist der Posten sogar fast halbiert. Heftige Kritik übt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). „Wie kann es sein, dass Deutschland die Klimaziele im Verkehr krachend verfehlt – und trotzdem die Mittel für den Radverkehr zusammenstreicht?“, empörte sich ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters.
Nur einer bleibt verschont: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, SPD, kann sich über 1,7 Milliarden Euro mehr freuen, als in der ursprünglichen Finanzplanung vorgesehen. Das Geld wird größtenteils gebraucht, um die Steigerung der Gehälter auszugleichen. Künftig soll sein Haushalt gemäß dem Nato-Ziel 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. In den kommenden Jahren wird er noch aus dem Sondervermögen aufgestockt, gegen Ende des Jahrzehnts seien größere Ausgaben aus dem Haushalt nötig, so Lindner. „Dieser Haushalt ist nur der Beginn einer Trendumkehr.“ Der Haushalt soll Anfang Dezember im Bundestag beschlossen werden.
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