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Haushalt des EntwicklugsministeriumsWo der Rotstift angelegt wird

Trotz Kritik sinkt der Etat für Entwicklungspolitik weiter. Für politische Stiftungen und wirtschaftliche Zusammenarbeit gibt es mehr als bisher.

Rotstift bei der Entwicklungshilfe: Darunter leiden Impfkampagnen des Gavi-Programms wie hier in Pakistan Foto: A. HUSSAIN/EPA

Die Warnungen von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, dass bisherigen Kürzungen bereits jetzt fatale Konsequenzen haben, dass sie Menschenleben kosten, dass sie lang angelegte Projekte zur Stabilisierung von Konfliktregionen, zur Steigerung von Einkommen oder Angebote auf Bildung aufs Spiel setzten, konnten nichts daran ruckeln, dass Deutschland weiter kürzen wird.

Am Freitag hat der Bundestag den Haushalt für 2026 beschlossen. Die Entwicklungszusammenarbeit trägt prozentual die höchsten Kürzungen. Der Anteil des Entwicklungsetats am Gesamthaushalt fällt mit knapp zwei Prozent auf den niedrigsten Wert seit 15 Jahren.

2026 stehen dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 10,06 Milliarden Euro zu Verfügung und damit 251 Millionen Euro weniger als dieses Jahr. Gegenüber 2022 ist es ein Rückgang von über 30 Prozent.

Die humanitäre Hilfe bleibt auf dem niedrigen Niveau von 2025 bei rund einer Milliarde Euro. Das entspricht einem Einbruch von 60 Prozent gegenüber 2022.

„Deutschland erfüllt seine Verpflichtungen nicht“

In der Haushaltsdebatte am Mittwoch wiederholte Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) ihr Mantra, dass Deutschland trotz der Kürzungen ein verlässlicher Partner bliebe. „Gerade jetzt müssen wir diese Partnerschaften ausbauen“, sagte sie, denn die „Beziehungen zu den Ländern des Globalen Südens werden zukünftig viel stärker über Deutschlands Rolle in der Welt entscheiden“.

Der Verband der Hilfs- und Entwicklungsorganisationen Venro hielt am Freitag dagegen: „Deutschland erfüllt seine Verpflichtungen nicht. Die Bundesregierung scheint sich ihrer wichtigen Rolle nicht bewusst zu sein“, sagte Geschäftsführerin Åsa Månsson.

Während Deutschland sich erst im Juli bei der Internationalen Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla erneut dazu bekannte, 0,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, werden es mit den Kürzungen kommendes Jahr voraussichtlich eher 0,5 Prozent werden. Hier mit inbegriffen sind Gelder, die im Inland ausgegeben werden, etwa für die Unterbringung von Geflüchteten, was etwa 20 Prozent der Gesamtsumme ausmacht.

Wo wird gekürzt?

Fast alle Posten des BMZ werden gekürzt. Besonders stark betroffen sind prozentual gesehen Beiträge an internationale Initiativen, wie die Impfallianz Gavi, der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria oder das Welternährungsprogramm.

Etwas weniger Geld gibt es auch für die bilaterale Zusammenarbeit mit Ländern. Stark gekürzt wird bei den Sonderinitiativen, zum Beispiel zur Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme, Unterstützung von Aufnahmeländern Geflüchteter und der Stabilisierung und Entwicklung Nordafrika-Nahost.

Die Einsparungen bei der Zivilgesellschaft fielen durch die Nachverhandlungen geringer aus, als zu Beginn veranschlagt. Venro etwa kritisiert vor allem Kürzungen bei den sogenannten Verpflichtungsermächtigungen, mit denen das BMZ langfristige Projekte finanzieren kann.

Mehr Geld für Wirtschaft

Alabali Radovans stärkerer Fokus auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit macht sich auch im Etat bemerkbar. Etwas mehr Geld geht an die multilateralen Entwicklungsbanken. Die Weltbank etwa erhält kommendes Jahr 130 Millionen Euro mehr als dieses Jahr. Auch in die Partnerschaft mit der Wirtschaft soll 2026 etwas mehr Geld fließen.

Aber auch die politischen Stiftungen sollen 2026 besser finanziert werden, insgesamt mit rund 44 Millionen Euro mehr als 2025. Für Venro ist das angesichts der Kürzungen insgesamt nicht nachvollziehbar, wie der Verband schreibt.

„Die konkrete Verwendung dieser zusätzlichen Mittel für entwicklungspolitische Ziele sollten – insbesondere vor dem Hintergrund der AfD nahen Erasmus-Stiftung, die ab 2026 ebenfalls Mittel aus dem BMZ-Haushalt bekommen soll – genau überprüft werden“, heißt es in einer Analyse zum Haushalt 2026.

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