piwik no script img

Haus 73 fehlt das GeldDas Ehrenamt solls richten

Das Haus 73 am Schulterblatt steht nach eigenen Angaben vor dem Aus und will nun neu starten: Im Fokus soll künftig das Kulturprogramm stehen.

In der linken Szene nicht nur beliebt: Rechts das Haus 73, links die Rote Flora. Bild: dpa

HAMBURG taz | Das Haus 73 im Schanzenviertel ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Schließen wollen die Betreiber aber nicht. Ihre Idee ist, Personalkosten zu sparen, indem sie den Clubbetrieb runterfahren und den Kulturbetrieb ausbauen. Letztgenannter soll verstärkt mit Hilfe von ehrenamtlichen Kräften realisiert werden.

Eigentlich sollte sich das Haus 73 als Veranstaltungsort über Partys finanzieren. Insbesondere die Kulturveranstaltungen sollten über die Partys quersubventioniert werden. „Es hat sich gezeigt, dass das eine Milchmädchenrechnung ist“, sagt Ulrike Steffel, Pressesprecherin des Veranstaltungszentrums. Es gebe zwar einen großen Umsatz, aber, wegen der vielen Kosten, keinen Gewinn. Der werde durch Personalkosten und Folgekosten nivelliert: Bei Partys gehe eben viel kaputt.

Die monetären Nöte kommen für die Betreiber überraschend, so Steffel. So richtig aufgefallen sei die Misere erst vor drei Monaten, als das Haus 73 als Tocherfirma aus dem Pferdestall-Kombinat ausgegliedert worden war. Zum Pferdestall-Kombinat gehören unter anderem die Pony-Bar neben dem Abaton-Kino, die Astra-Stube unter der Sternbrücke und die Event-Location Festplatz Nord.

„Das jetzige Programmprofil funktioniert nicht mehr“, sagt die Geschäftsführerin Sarah Theilacker. Theilacker ist seit anderthalb Jahren Haus-73-Chefin. Mit einer Kernmannschaft mit fünf Stellen will sie den Neustart mit reinem Kulturprogramm machen.

Die Minijobber, die bisher im Haus 73 arbeiteten, sollen dagegen über den Sommer entlassen werden. Natürlich müsse man überlegen, ob man an städtische Fördertöpfe und Sponsoren rankomme, sagt Steffel. Ferner sei man „auf ideelle Unterstützung angewiesen“. Das habe sicher ganz viel mit Ausbeutung zu tun, räumt sie ein und sagt, dass man damit auch nicht glücklich sei. „Aber die Alternative ist, das Haus zu schließen.“

In der linken Szene ist das Haus 73 umstritten. Das benachbarte autonome Stadtteilzentrum Rote Flora kritisierte bei seiner Eröffnung vor sieben Jahren die Betreiber als Gentrifizierer und prophezeiten die kulturelle Verflachung durch den Party-Betrieb. So richtig unbeliebt machten sich die Betreiber, als sie sich vor vier Jahren in Konkurrenz zum Centro Sociale für das Gebäude im ehemaligen Schlachthof bewarben. Damals zogen sie ihre Bewerbung zurück, als der Druck der Szene zu groß wurde.

Der Ansatz, den Betrieb mit Hilfe von ehrenamtlichen oder gering bezahlten Kräften zu stemmen, prägte das Haus von Anfang an. Die Pferdestall GmbH, die mittlerweile auch in Berlin und Leipzig tätig ist, verstand sich als „Durchlauferhitzer“ für Künstler und Kulturvermittler: An der Schnittstelle zwischen Uni und Karriere sollten die Beteiligten kaum Geld, dafür aber Berufserfahrung erwerben können.

Nun hofft das Haus 73 auf Solidarität aus dem kreativen Millieu. Das Haus will eine Theater- und Performance-Sparte aufbauen. Mit eigenen und fremden Produktionen soll es ein bis zwei Premieren im Monat geben. Außerdem soll die Vermietung der Räume Geld in die Kasse bringen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • PO
    PKG - och nö

    Falk Hocquél

     

    AStA Universität Hamburg

     

    Ponybar

     

    Studiengebühren

     

    Haus73

     

    taz Salon

     

    Verbinden sie die oben stehenden Wörter.

     

    Mal im Ernst: Es interessiert doch keine Sau, die Wert auf den Stadtteil legt, ob dieser Schuppen hops geht. Wie oft ich in Gesprächen von den schlechten Arbeitsverhältnissen gehört habe, kann ich nicht zählen.

     

    Falk Hocquél, ein GAL Schatzmeister mit Verbindungen zu alten Studierendenausschüssen... Ich habe die Akten und den Mailverkehr aus der Zeit eingesehen. Da lief und läuft einiges nicht so, wie es meiner Meinung nach laufen sollte!

     

    Hoffentlich geht die ganze Pferdestall Kultur GmbH kaputt! Das Campus Open Air als Gelddruckmaschine sind sie ja schon los...

  • B
    Bananenschale

    Diese etwas anderen Insulaner erobern lang unbeachtete Orte: Ihre Ideen lassen die Elbinsel Wilhelmsburg erblühen, verwandeln Bunker in Bars...„Es gab nichts, wofür es sich gelohnt hatte, den Weg auf die andere Seite zurückzulegen“...

    ...„Als Pionier muss ich mich auch auf neue Orte einlassen.“...

    ...Einen anderen, besonders aufregenden Grund liefern seit Ende März Falk Hocquél und Anne Meyer mit ihrem Caf.„vju“....

    http://hamburg-ahoi.com/2013/04/hamburgs-pioniergeister/

     

    Nach Eröffnung sieht es in der Trinkhalle im Stadtpark am Südring/Ecke Borgweg noch nicht aus. Doch die Waterkant Kaffee GmbH ist zuversichtlich, dass am Wochenende die Gäste in den Backstein-Bau von Fritz Schumacher kommen können.

    "Es geht ganz sicher los", sagt Projektleiterin Anne Meyer, 29. "Wir kennen das schon, dass vorne die ersten Besucher kommen und hinten die letzten Handwerker gehen." Ein Jahr haben die Arbeiten gedauert. "Im Winter ist ein Heizungsrohr geplatzt, das hatten wir nicht eingeplant", so Meyer. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz mussten Steine der Fassade ausgetauscht werden, die neuen Fenster und Türen sind jetzt schwarz, damit sie sich vom Original-Bestand unterscheiden.

    [Anmerkung: Falk Hocquels Vater ist der Denkmalpfleger Wolfgang Hocquél http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Hocqu%C3%A9l ]

    Die Umbau- und Investitionskosten von rund 100 000 Euro trägt die Waterkant GmbH. Die Stadt fordert im Gegenzug eine reduzierte Miete. Der Pachtvertrag läuft über zehn Jahre.

    http://www.mobil.abendblatt.de/hamburg/article116823448/Trinkhalle-im-Stadtpark-eroeffnet-an-diesem-Wochenende.html

  • P
    pablo

    Tolle Erkenntnis bei Partys geht auch mal was kaputt. Wenn aber so viel kaputt geht das es einen in die Ruinen treibt sollte man sich überlegen ob man noch das richtig Publikum anzieht. Und das die ganze Geschichte nicht richtig Kalkuliert wurde sieht man auch daran das die Personalkosten und die laufenden Betriebskosten als auch die Eintrittspreise zu niedrig angesetzt wurden. An der Geschäftsleitung gibt es auch starke Zweifel ob die überhaupt fähig ist wenn man bedenkt das es bloß 1,5 Jahre gedauert hat bis man auf den Konten die roten Zahlen gefunden hat.

  • D
    Daniel

    War ja klar das Herr Hocquél rechtzeitig das sinkende Schiff verläßt und den Trümmerhaufen jemand anderen überlässt. Das finanzielle Problem ist aber nicht neu, sondern Hausgemacht - Das Haus 73 hatte von Anfang an finanzielle Schwierigkeiten! Löhne wurden erst gezahlt nachdem man neue Kredite bekommen hat u.a. für die Läden in Leipzig und Berlin - logisch das das Prinzip "J. Schneider " ( Alte Schulden mit Neuen zu stopfen ) irgendwann nicht mehr aufgeht !!! Stattdessen wird den Angestellten erzählt, das man das ja Ehrenamtlich macht und es gut für die Vita ist. Es wird ein Verein gegründet der Künster und Bands bucht und wo SAE Studenten mal ein Konzert mischen dürfen - alles ohne eine richtige Entlohnung und schon gar nicht nach Tarif! Wer zu häufig nach seinem Gehalt fragte, wurde Betriebsbedingt gekündigt, so wie einer der Azubis ( nach einem Jahr Lehrzeit und die Stelle war zum Teil subventioniert !!! ) .... und das alles unter dem Dach einer GmbH !!!

     

    Von mir könnt Ihr keine Solidarität erwarten !!!

  • S
    Stefan

    -"An der Schnittstelle zwischen Uni und Karriere sollten die Beteiligten kaum Geld, dafür aber Berufserfahrung erwerben können."

     

    So redet man Ausbeutung schön und ist damit keinen Deut besser als jedes andere Unternehmen, welches Arbeitskräfte mit wenig (z.B. Minijob) oder gar keiner Bezahlung (Praktikum) abspeist.

    Das Haus 73 kackt ab und bettelt jetzt die Stadt an.

    Und nebenan steht die Rote Flora, ein Projekt, was seit über 20 Jahren funktioniert und nie auch nur einen Cent von der Stadt erhalten hat (im Gegenteil!) und das auch nie wollte.

    Die Flora ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man politisch/kulturelle (Stadtteil-)Arbeit machen kann ohne kommerziellen Hintergrund, wie es Beispielsweise bei der "Pferdestall Kultur GmbH"(!!!) der Fall ist.

  • A
    adjuus

    EINE LÜCKE VON 33 ZEILEN + KEIN REGENSCHIRM FÜR H.

    Interessant, wer sich mal die heutige taz als klassisches Paper-Print anschaut wundert sich ein wenig. - Warum? Weil ein Lücke von 33 Zeilen auf der Seite vorhanden ist und Fragen im Raum bleiben.

     

    Wurde der Artikel von Lena Kaiser gekürzt oder ein weiterer Artikel/Kommentar mit möglichen Hintergrunderläuterungen zum Zusammenbruch des falkschen Imperiums auf Basis von möglicher Seilschaft & Ausbeutung doch nicht abgedruckt?

     

    Es steht übrigens nicht überall Falk H. drauf, wo Falk H. drinnen ist. Fazit: Recherche Recherche Recherche und mehr Transparenz, aber bitte keinen Regenschirm für Herrn H.

  • L
    Links @Berti

    Es gibt weitere Gründe warum die Pferdestall GmbH so unbeliebt ist.

    Die Eröffnung ihres ersten Ladens, der Ponybar, wurde massiv mit Geldern der hamburger Uni gefördert weil die Alternative, der selbstverwaltete Betrieb durch Studierende nicht gewollt war. Gelder also die für die Studierenden und nicht für die Intressen möchtegern-kreativer Startups bestimmt waren.

    Die Strategie der Pferdestall-Ableger ist immer die gleiche. Es wird irgendein links-alternatives, selbstverwaltetes Projekt (Flora, T-Stube, Conne Island, ...) gesucht und ein kommerzieller Laden möglichst dicht daneben gesetzt, in der Hoffnung, dass sich möglichst viel des subkulturellen Images überträgt. Die Kritik richtet sich also nicht gegen kommerzielle Clubs generell, sondern gegen diesen plumpen Versuch der Inwertsetzung von selbstorganisierter Gegenkultur.

    Die ehrenamtliche und allzu oft selbstausbeuterische Arbeit von Aktiven in Projekten wie der Flora mag an sich schon fragwürdig sein. Der Versuch der Pferdestall AG fehlende Profitabilität und mieses Geschäftsmodell auf Grundlage der Selbstausbeutung ihrer Belegschaft zu sanieren ist aber nur noch Kapitalismus von seiner hässlichsten Seite.

     

    Und wenn Sie 'innovative Projekte' (auch so eine hohle Sprechblase) in der Flora vermissen, sollten Sie vielleicht einmal versuchen Ihre Vorschläge auf dem dortigen Plenum einzubringen. Dann können Sie sich auch gleich erklären lassen warum es inhaltlich wie strategisch falsch wäre 'innovative', stadtmarketingkompatible Nettigkeiten zu projektieren.

  • B
    Berti

    Aha, alles was nicht Flora-Trash ist, muss "Gentrifizierung" sein. Floristen sind völlig auf den Hund gekommen: Statt innovativer Projekte nur hohle Sprechblasen - sehr schwach. Floristen ab nach Helgoland zur Regeneration!