Hauptstadtmanagment: Berlin Berlin Berlin
Berlin soll ein besseres Image bekommen - mit Hilfe sogenannter hochkarätiger Prominenter. Aber wozu nur?
Sagen wir mal so: Die Idee liegt nicht gerade auf der Hand. Niemand, der jetzt ausrufen würde: Na, das wurde aber auch mal Zeit. Trotzdem trafen sich unter dem Dirigat des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit gestern sogenannte hochkarätige Persönlichkeiten des medialen, ökonomischen und kulturellen Lebens, um einen Plan auszuhecken, mit dessen Hilfe Berlin zu einem besseren Image kommen kann. Denn, so Springer-AG-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner: "Berlin ist so etwas wie eine deutsche Schicksalsfrage. Wenn aus Berlin nichts wird, wird aus Deutschland nichts." Man möchte gleich bemerken: Immer diese hochgeföhnten Worte, dieses Uffgebrezelte in Takt und Ton.
Davon abgesehen, dass vielleicht ein nicht mehr journalistisch Tätiger wie Döpfner ein Interesse an einem guten Leumund der Stadt seines Jobgebers haben muss, fragt man sich doch, was in diesem Kreis Menschen wie Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, zu suchen haben: Gilt nicht immer noch, dass Journalisten die Dinge nur zu berichten und zu bewerten haben, nicht aber, sie zu befördern? Und: Haben all die Wichtigwichtigverkörperer mal einen Blick in die Stadt geworfen, um die sie besorgt scheinen? Schon mal mitgekriegt, dass in Berlin alle möglichen Dialekte und Sprachen zu hören sind? Wissen Sie, dass es Touristen sind, die absolut gern in diese Hauptstadt kommen, ob aus verständlichen oder schwer begreiflichen Gründen? Dass Berlin alles hat, nur kein Imageproblem also? Und muss es nicht als Indiz für vorsätzlichen Obskurantismus genommen werden, wenn Klaus Wowereit beklagt, diese Kampagne sei nötig, weil: "Der Berliner ist manchmal nicht selbstbewusst genug"? Ausgerechnet der? Der Mann, ohne dessen frei von Minderwertigskeitsanmutungen scheinendes Auftreten es der Union in dieser Stadt gewiss besser ginge?
In Wahrheit fehlt es Berlin an Geld, hauptsächlich an jenen Steuermitteln, die flössen, hätten die wichtigsten Konzerne des Landes ihre Sitze nach dem Nationalsozialismus nicht ins Rheinische, nach München oder nach Frankfurt am Main verlegt.
Die Idee überhaupt, mit Hilfe eines scheinerleuchteten und -erlauchten Kreises diesem Missstand beizukommen, ist grotesk: Jahr für Jahr ein paar Milliönchen für eine Werbung, von der man sich einen guten Slogan verspricht. Na und? Wowereit, so viel Lob muss sein, wird für dieses Projekt Applaus einsammeln. Und betont feinsinnig, als müsse er die Fantasie seiner Gegner aushebeln: "Das Gremium [jener Prominenten, vom Zeitungsherausgeber über den Kulturfunktionär bis hin zum Stadtplaner; d. Red.] ist nicht dafür da, den Regierenden Bürgermeister zu umrahmen, es soll ziemlich hart gearbeitet werden."
Über den Präzisionswert des Wörtchens "ziemlich" könnte weiter berichtet werden - der Rest ist: Blödsinn!
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