: Hauptsache, es groovt
Musik ist okay: Heute legt DJ Koze, der bekiffteste DJ der Republik, im Ostgut auf
Wie kommt man zu solch einem Namen: Koze? Vorstellbar wäre: Man heißt Stefan Kozalla, und die Jungs in der Schule finden’s komisch. Später zieht man dann die Pudelmütze tief ins Gesicht und nennt sich lieber gleich selber so, bevor’s ein anderer tut. Nur: Wird man älter und heißt immer noch so. Dann: Wird man DJ, und prompt hört sich der Name gar nicht mehr blöd an.
So oder so ähnlich oder auch ganz anders wird es sich wohl zugetragen haben. So oder so ähnlich wird einer zum besten Menschen der Welt, wie sich DJ Koze früher einführen ließ, wenn er auflegte. So wird einer zum bekifftesten Plattenaufleger der Republik. Wird zum Mastermind von Fischmob, einer HipHop-Band, die sich vor allem gegen alle Genreregeln stemmte, wird zum DJ des Soul-Projekts Pony, aber auch zu einer Hälfte von Adolf Noise, einem Dub-Projekt mit Marc Nesium von 5 Sterne Deluxe, das schon mal bei Intermedium auftritt, einer vom Bayerischen Rundfunk initiierten Hörspiel-Leistungsschau, sich sonst aber vergräbt um Absonderliches zu mixen.
Koze sei einer, sagen welche, die ihn kennen, der die Sachen eher so hinknallt und wenig darüber nachdenken will. Dafür, denkt man selber so, macht er ganz schön viele verschiedene Sachen. Wie behält man da den Überblick? Wenn man sich nicht nur im abgezirkelten, abgesicherten Terrain bewegt, sondern wie Koze Berührungsängste nur vom Hörensagen kennt. Seine erste Platte unter eigenem Namen trug als Titel das schöne Motto „Music is Okay“. Das ließe sich übersetzen: Es gibt keine okaye und nichtokaye Musik, sondern nur Musik, und die ist immer okay.
So hört sich die Platte denn auch an, so legt er denn auch auf. Auf Spaß-Rap von Tobi & Bo folgt Diskurs-Pop von Tocotronic, der intellektuelle Dancefloor von Egoexpress wird konterkariert mit dem Behindertenprojekt Station 17, bei dem Koze öfters schon mitgearbeitet hat. Keine Grenzen, keine abgeschlossenen Welten, ob Techno oder House, Soul oder HipHop, Indietronics oder Ambient, ob digital oder analog, Hauptsache: Es groovt. Meistens eher langsam und bedächtig, manchmal schneller, aber es groovt.
Immer wieder hört man, dieses wahllose Streifen durch die Populärkultur sei keine Kunst und schon gar kein Wunder schließlich seien diese Hamburger HipHopper eh dauerbreit. Allerdings: Der schreckliche Sven, ehemals Mitstreiter bei Fischmob, behauptete stets, Kollege Koze würde so gut wie gar nicht mehr Tütchen drehen, schon gar nicht beim Musik machen.
Damit wäre sicherlich auch Papa Kozalla nicht einverstanden. Der darf „Music is Okay“ einleiten mit leicht stockender Stimme und einem Hohelied auf den Sprössling, der zu seiner großen Freude „krasse Tunes“ und „derbe Beats bastelt“. Es sei „ein Glück“, sagt der stolze Vater, dass Stefan „nicht Zahnarzt, Rechtsanwalt oder Biologe oder so ein Quatsch geworden ist“. Da hat er wohl Recht. Schließlich wäre uns sonst, der vielleicht nicht beste, aber sicherlich vorurteilsloseste, fantasievollste DJ hierzulande entgangen. THOMAS WINKLER
Heute, ab 0 Uhr im Ostgut/Panoramabar, Mühlenstr. 26–30, Friedrichshain
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