: Hase und Igel im Tiefbauamt
Grünflächen- und Tiefbauämter sollen zusammengelegt werden. Schlecht für die Natur, sagen die Naturschützer
Audrey aus Paris ist zu Besuch in Berlin, sie sitzt in der S-Bahn und schaut aus dem Fenster. „Berlin ist so eine grüne Stadt, unglaublich“, bewundert die junge Frau auf ihrer Fahrt die Fülle an Parks, begrünten Freiflächen und ausladenden Straßenbäumen. In der französischen Hauptstadt ist nicht Platz für so viel Natur.
Der Naturschutzbund (Nabu) Berlin befürchtet nun, dass die Vielfalt an Pflanzen und Tieren auf den innenstädtischen Grünflächen demnächst Sparmaßnahmen zum Opfer fallen wird. Denn im Rahmen der Bezirksreform wurde im Jahr 2007 vom Rat der Bürgermeister eine Vereinheitlichung der Ämterstruktur beschlossen. Bislang ist die Planung von Grünflächen mit der Abteilung Natur- und Artenschutz in einem Amt vereint. Im Zuge der Umstrukturierung der Behörden sollen die Bereiche „Grünflächen“ und „Landschaftsplanung“ nun jedoch ab 2009 Teilgebiet der Tiefbauämter werden, Natur- und Artenschutz würden hingegen im Umweltamt aufgehen. Katrin Koch, Leiterin der Bezirksgruppe des Nabu Berlin, kritisiert das Vorhaben: „Wir haben Zweifel, dass ein Tiefbauingenieur darüber entscheiden könnte, wie eine Grünfläche ökologisch sinnvoll angelegt und nachhaltig gepflegt werden kann.“
Denn in Berlin sind viele öffentliche Grün- und Erholungsflächen gleichzeitig auch Landschaftsschutzgebiete. In den Innenstadtparks quaken Frösche in kleinen Feuchtbiotopen, in den Bäumen nisten bedrohte Vogelarten wie Dohle und Mauersegler. Das Tiefbauamt aber plant den Neubau von Straßen – Naturschutz gehört eher weniger zu seinen Kernkompetenzen.
Selbst die FDP befürchtet, dass die Großstadtoasen vermehrt dem Straßenbau zum Opfer fallen könnten, und stellt sich auf die Seite der Grünen im Abgeordnetenhaus. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Abgeordnetenhaus, Henner Schmidt, sagt: „Der Naturschutz wird in eine Nische verbannt. Fachlich verschränkte Themen werden so auseinandergerissen. Das schafft auch Unübersichtlichkeit für den Bürger, obwohl die Bezirksreform mit einer Vereinheitlichung der Strukturen ja das Gegenteil erreichen will.“
Und tatsächlich: Wer etwa zugunsten einer Straße einen Baum fällen oder auch Protest dagegen anmelden will, muss sich künftig an drei Ämter wenden, statt wie bisher an eines: das Umweltamt, das Tiefbau- und das Ordnungsamt. Die FDP will daher am Donnerstag den Beschluss des Bürgermeisterrats im Verwaltungsausschuss des Abgeordnetenhauses diskutieren.
Dem Protest gegen die Umstrukturierung haben sich auch die Deutsche Gesellschaft für Gartenschutz und Landschaftsbau (DGGL), der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) sowie der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) angeschlossen.
„Die Natur muss mehr als Aushängeschild von Berlin wahrgenommen und darf nicht vernachlässigt werden“ sagt Nabu-Frau Koch. Audrey würde ihr zustimmen: „Die Berliner Parks werde ich in Paris am meisten vermissen.“ ELISE LANDSCHEK