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Hartz IV erneut vor dem VerfassungsgerichtImmer noch zu wenig zum Leben

Ist der neue Hartz-IV-Regelsatz noch immer verfassungswidrig? Die erste Klage dazu wurde nun an das das Bundesverfassungsgericht verwiesen.

Wie viel ist menschenwürdig? Bild: namaste / photocase.com

BERLIN taz | Das Bundesverfassungsgericht muss sich erneut mit dem Hartz-IV-Regelsatz beschäftigen. Das Berliner Sozialgericht legte den Karlsruher Richtern am Mittwoch gleich zwei Klagen von Beziehern des Arbeitslosengelds II vor. Die obersten Verfassungshüter sollen prüfen, ob der Regelsatz auch nach dessen Neuberechnung noch verfassungswidrig ist.

Gunter Rudnik, Richter am Berliner Sozialgericht, ist dieser Meinung. Die Leistungen für Hartz-IV-Bezieher verstießen „gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums“, sagte Rudnik. Zwar habe Karlsruhe dem Gesetzgeber „weiten Ermessensspielraum“ bei der Gestaltung der Regelsätze eingeräumt. Jedoch habe dieser den Gestaltungsspielraum verletzt. „Es geht um beachtliche Fehler, die uns berechtigen, das Bundesverfassungsgericht nach zwei Jahren erneut mit dieser Frage zu befassen“, sagte Rudnik.

Im Februar 2010 hatte Karlsruhe die alten Hartz-IV-Sätze als verfassungswidrig verworfen. Die Bundesregierung musste neue Berechnungen vorlegen. Die Verfassungsrichter mahnten eine transparente, realitätsgerechte und nachvollziehbare Neukalkulation an. Ende 2010 präsentierte Schwarz-Gelb ein Ergebnis: Danach sollte der Regelsatz von damals 359 Euro monatlich für einen alleinstehenden Erwachsenen auf 364 Euro steigen.

Er liegt, nach Anpassungen an Lohn- und Preissteigerungen, mittlerweile bei 374 Euro. Mit der SPD wurde das Gesetz im Februar 2011 im Bundesrat verabschiedet. Die Sozialdemokraten übten zwar heftige Kritik am Gesetz, stimmten ihm aber zu – nach kleinen Verbesserungen beim Bildungspaket für Kinder.

Willkürliche Referenzgruppe

Das Berliner Sozialgericht kritisiert, wie die Leistungen für Arme berechnet wurden. Denn die Regierung zog nur noch die Einkünfte und Ausgaben der untersten 15 Prozent der nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelten Niedrigverdiener heran. Vorher waren es 20 Prozent. Die Setzung dieser 15-prozentigen Referenzgruppe sei „willkürlich erfolgt“ und „mit massiven Fehlern behaftet“, sagte Rudnik.

Auch seien aus der Gruppe „verdeckte Arme“ nicht herausgerechnet worden. Arme, die so viel oder weniger Geld als Hartz IV zur Verfügung haben, aus Scham aber keine Grundsicherung beantragen, bestimmen rechnerisch mit, was andere Arme erhalten sollen. So wird der Regelsatz kleingerechnet.

Rudnik bemängelte auch, dass Kürzungen für Mobilität, Alkohol oder Essen in Restaurants nicht ausreichend begründet würden. Durch diverse Kürzungen sei es auch nicht mehr möglich, auf einen Kühlschrank oder eine Waschmaschine zu sparen. Sein Fazit: Monatlich fehlten einem Single rund 36 Euro.

Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband begrüßte die Entscheidung des Gerichts. „Die Vorlage an Karlsruhe ging schneller als erwartet. Den Parteien wird der verfassungswidrige Regelsatz im Bundestagswahlkampf 2013 auf die Füße fallen.“ Doch noch ist unklar, wann sich die obersten Richter mit der Sache beschäftigen.

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16 Kommentare

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  • C
    Celsus

    Das ist ein Gesetz, das an der Grenze des verfassugnsrechtlich zulässigen gestrickt wurde. Schon bei Erlass des Gesetzes hieß es aus der damaligen rot-grünen Bundesregierung lapidar, dass sich in den nächsten Jahren durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes schon herausstellen werde, ob das Gesetz verfassungsgemäß sei.

     

    Jetzt sind einige Jahre vergangen und immer wieder wurde festgestellt, dass da Teile des Gesetzes mit der Verfassung nicht vereinbar waren.

     

    Kurz gesagt: Wer die Verfassung bis an die Grenzen dehnt ist allerdings gefährlicher als derjenige, der sie offen bricht. Denn sonst wäre das Gesetz schon innerhalb kurzer Zeit insgesamt kassiert worden.

  • W
    Wittenberg

    Hartz IV: 631 € nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

     

    Regelsatz - Erste Berechnung nach dem BVerfG-Urteil vom 9. Februar von einem Mitglied des Deutschen Sozialgerichtstages

     

    Die Berechnung nahm Gutachter Dipl.Kfm. Rüdiger Böker, Mitglied des Deutschen Sozialgerichtstages vor. Er hat auch die Kläger-Stellungnahmen für Thomas Kallay gegenüber dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) abgegeben.

     

    Die heute vorgelegten Neuberechnungen des Hartz IV-Regelsatzes wurden auf Basis der Zahlengrundlage vorgenommen, die auch die Bundesregierung verwendet hat: die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003. „Realitätsgerecht“, wie die Verfassungsrichter es anmahnten, sind insbesondere die absurden Abzüge der Bundesstatistiker – wie Pelzmäntel, Segelflugzeuge, Motorboote usw. – herausgerechnet worden.

     

    „Ergebnis: der bisherige Regelsatz ist „evident unzureichend“, denn die Vorgaben offenbaren eine Unterdeckung von 272 €.“

     

    Für seine Berechnung hat Rüdiger Böker sämtliche Vorgaben der Verfassungsrichter zu den einzelnen Regalsatz-Abteilungen berücksichtigt – insbesondere die zahlreichen Rügen an den realitätsfernen Kürzungen – und darüber hinaus die geforderte Inflationsrate berücksichtigt:

    http://bgekoeln.ning.com/profiles/blogs/hartz-iv-631-eur-nach-vorgaben

  • G
    Guenter

    Das Verfassungsgericht muß sich jetzt erneut mit dem Hartz IV Regelsatz befassen, da die amtierenden Regierung bei der Neuberechnung des Regelsatzes von 364 Euro auf die bereits bestehende Zahl vom Existenzminimumbericht der Bundesregierung von 2008 zurückgriff.

     

    Ein höherer Regelsatz war politisch nicht gewollt und so wurde getrickst und rausgerechnet, um auf diese Summe zu kommen.

     

    Die Vorgaben des Verfassungsgerichts auf Tranparenz und Nachvollziehbarkeit und Menschenwürde wurde nicht entsprechend umgesetzt.

     

    Diese Regierung hält sich noch nicht mal an das Grundgesetz und das gibt zu denken.

     

    Ist doch klar, das eigene Wohl hat Vorrang.

  • JK
    Juergen K.

    Berechnungsgrundlage für Hartz4 sind SGB II Empfänger, die SGB III Aufstockung erhelten.

     

    Eine solche Einkommens- und damit Gesellschaftsstruktur gibt es

     

    seit der Abschaffung der SGB III Zuschläge nicht mehr.

     

    Man hätte also auch die Gesellschafts- und Einkommensstruktur

     

    von Papua Neu Guinea heranziehen können.

  • I
    ion

    @ Ich bin empört!,

     

    sooooooo oft: "meine Fresse", Sie kleiner Empörling(?!) – oder sind Sie vor Erschöpfung beim Geifern auf der Tastatur eingeschlafen?

    Geh´n Sie doch nach drüben, wenn Sie das Grundgesetz abschaffen wollen!

     

     

    @ Poltt,

     

    "Ich verstehe eines nicht: (....)";

    "verstehen können" setzt bekanntlich Verstand voraus; In ihrem Fall also bitte einfach abwarten, bis Sie betroffen sind, dann werden Sie `s nachempfinden können – versprochen!

     

    (26.04.2012 | 17:58)

  • G
    Gerichter

    Die armen armen Hartz IV - Bezieher. Tun mir richtig leid...

     

    Zum Glück kommt auch in Deutschland bald die Schuldenbremse so richtig zum tragen. Dann müssen die völlig überdimensionierten Sozialausgaben endlich auf ein vernünftiges Normalmaß zurück gefahren werden und Hartzer werden gezwungen sein sich ernsthaft um Arbeit zu bemühen.

     

    Daran werden dann auch realitätsfremde und linksradikale Richter nichts mehr ändern.

  • S
    stefan

    schon merkwürdig - ich beziehe selbst hartz iv und 36 euro mehr od weniger sind irrelevant.

    weil das geld werden die menschen für dinge ausgeben für die sie sich interessieren und nicht immer für dinge die wirklich wichtig sind.

     

    so dumm können unsere politiker doch nicht sein oder doch ?

     

    is doch ganz einfach um das problem zu beheben.

    mindestlohn flächendeckend auf 10 euro erhöhen.

     

    dadurch werden nach meiner schätzung 20 % prozent weniger hartz iv empfangen weil die menschen wieder einen sinn sehen das ihre arbeitskraft einen wert hat.erst dann wird wieder gerne gearbeitet.

     

    durch den erhöhten mindestlohn kommt automatisch wieder mehr geld in die staatskassen (durch die sozialsteuer etc...) (und mehr arbeiter für deutschland) weil die menschen wieder mehr dinge kaufen werden (wovon der staat auch wieder geld bekommt durch die Mwst.)

     

    fazit : höherer mindestlohn =

    mehr geld in staatskassen = weniger hartz iv bezieher bzw. wenigere sozialausgaben = höhere/sichere renten = weniger diskussionsmüll bei sozialgerichten wo man sich um beträge streitet die im gegensatz zur investition der stabilität der EU lachhaft sind.

     

    hat deutschland nichts besseres anzubieten als die politiker die wir jetzt haben ? nadann prost mahlzeit.ich geb deutschland noch max 20 jahre wenn es so weiter geht - dann wars das mit "eines der reichsten länder der welt"

    ich hab das ganze selbst durchgerechnet und man brauch kein fachidiot sein um das problem zu beheben.

     

    nur wenn ein haufen unfähiger politiker versucht etwas zu stande zu bekommen - was kommt wohl dabei heraus ? 3x dürft ihr raten...

  • WB
    Wolfgang Banse

    Schlag ins Kontor der Bundesregierung

    Das Berliner Sozialgericht hat in einem Urteil festgestellt,dass die gegenwärtiugen Hartz IV Sätze zu niedrig sind.

    Erneut wird dass Bundesverfassungsgericht prüfen müssen,ob die gegenwärtigen Hartz IV Sätze verfassungskonform sind.

    Die derzeitige Bundesregierung bestehend aus CDU &FDP woird alles daran tun um die Hartz IV Sätze auf ztu be3ssern,im Bezug auf die im Jahr 2013 stattfindende Bundestagswahl.Auch mündige Hartz IV Bezieher sind potenzielle Wähler.

  • S
    Stefan

    "Rudnik bemängelte auch, dass Kürzungen für Mobilität, Alkohol oder Essen in Restaurants nicht ausreichend begründet würden."

     

    schade, dass die taz hier nicht ein klein weniger mehr ins Detail gegangen ist. So wird der falsche Eindruck erweckt, es ging um ausschweifendes Leben mit teuren Restaurantbesuchen und Alkoholexzesse.

     

    Man hat bei der Berechnung nach diesen 15% der unteren Einkommensgruppe, die selber schon zu falschen(niedrigen) Zahlen geführt hatten, dann noch willkürlich einzelne Posten wie die o.g. herausgerechnet.

    Wenn man aber schon eine Bezugsgruppe herannimmt, kann man dann nicht auch noch willkürlich einzelne Posten von dieser Gruppe streichen.

    Auch wurden noch andere Posten nicht berücksichtigt wie Verkehr, Schnittblumen und chemische Reinigung.

    Und alles ohne nachvollziehbare Begründungen - ein Anzug zum Bewerben, Hochzeit, Beerdigung muss man auch dann chemisch reinigen lassen, wenn man Hartz IV bekommt.

     

    Und vor allem der folgende Hinweis finde ich extrem wichtig:

     

    "Der Gesetzgeber verkenne insbesondere, dass das Existenzminimum auch die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen zu ermöglichen habe. Im Übrigen sei bei einem derart „auf Kante genähten“ Regelbedarf das Statistikmodell seiner Legitimation beraubt. Das Statistikmodell und die Gewährung pauschaler Leistungen beruhten gerade darauf, dass der Gesamtbetrag der Leistung es erlaube, einen überdurchschnittlichen Bedarf in einer Position durch einen unterdurchschnittlichen Bedarf in einer anderen Position auszugleichen. Dieser interne Ausgleich sei durch die umfangreichen Streichungen nicht mehr ausreichend möglich."

     

    Quelle: http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/gericht-hartz-iv-regelsatz-verfassungswidrig-900810.php

  • P
    Poltt

    Ich verstehe eines nicht: Dafür, dass das jetzige Hartz Iv angeblich nicht zum Leben reicht, geht es den Beziehern doch recht gut. Ich habe noch nie gelesen, dass es kn dieser Gruppe massenhaft Unterernährung, Obdachlosigkeit oder andere Mangelerscheinungen gibt.

  • W
    womue

    Da haben doch alle mal Grund, in sich zu gehen. Ist das "menschenwürdige Existenzminimums“ denn nun noch ein würdigeres Minimum als das einfache Existenzminimum? Und wie ist das mit den Einkommen, die da noch drunter liegen, etwa Renten, gibt es da noch ein paar Fourletterwords für Minima, die der deutsche Beamte nicht gerne in den Mund nimmt?

  • IB
    Ich bin empört!

    "Rudnik bemängelte auch, dass Kürzungen für Mobilität, Alkohol oder Essen in Restaurants nicht ausreichend begründet würden."

     

    es hat mich beim Lesen zutiefst schockiert, dass sich heutzutage nicht mal mehr die Leute, denen das Schicksal einen Streich gespielt hat in geruhsamer Unterhaltung mit ihrem 42" Flachbildschirms, ketterauchend einen auf Steuerzahlers Kosten hinter die Binde kippen, geschweige denn, zum Abendessen bei einem gepflegten Glas Chardonnay im Restaurants um die Ecke schlemmen können!

     

    da muss ich dem Herrn Richter aber wirklich zustimmen....

     

    meine Fresse

  • W
    Westberliner

    Erneuter Verstoß gegen die Verfassung. Deshalb fordere ich die sofortige Überwachung der CDU, CSU, FDP, SPD und der Grünen durch den Verfassungsschutz.

  • IB
    Ich bin empört!

    "Rudnik bemängelte auch, dass Kürzungen für Mobilität, Alkohol oder Essen in Restaurants nicht ausreichend begründet würden."

     

    es hat mich beim Lesen zutiefst schockiert, dass sich heutzutage nicht mal mehr die Leute, denen das Schicksal einen Streich gespielt hat in geruhsamer Unterhaltung mit ihrem 42" Flachbildschirms, ketterauchend einen auf Steuerzahlers Kosten hinter die Binde kippen, geschweige denn, zum Abendessen bei einem gepflegten Glas Chardonnay im Restaurants um die Ecke schlemmen können!

     

    da muss ich dem Herrn Richter aber wirklich zustimmen....

     

    meine Fresse

  • IB
    ich bin empört!

    "Rudnik bemängelte auch, dass Kürzungen für Mobilität, Alkohol oder Essen in Restaurants nicht ausreichend begründet würden."

     

    es hat mich beim Lesen zutiefst schockiert, dass sich heutzutage nicht mal mehr die Leute, denen das Schicksal einen Streich gespielt hat in geruhsamer Unterhaltung mit ihrem 42" Flachbildschirms, ketterauchend einen auf Steuerzahlers Kosten hinter die Binde kippen, geschweige denn, zum Abendessen bei einem gepflegten Glas Chardonnay im Restaurants um die Ecke schlemmen können!

     

    da muss ich dem Herrn Richter aber wirklich zustimmen....

     

    meine Fresse

  • JK
    Juergen K.

    Man übersieht natürlich leicht,

     

    dass die EVS 2008 selbst noch Haushalte

    mit Nettoeinkommen von

     

    2 600 - 3600 Euro monatlich ausweist,

     

    die Hartz4 beziehen.

     

    Hartz4,

    das daraus abgeleitete Steuerfreie Existenzminimum,

     

    betrifft längst auch die Mittelschicht.

     

    Das Ende von Hartz4 ist praktisch dort angesiedelt,

    wo auch die beitragsbemessungsgrenze ist,

    für die Sozialversicherungen.

     

     

    Der Abhängig Beschäftigte IST HARTZ4.

     

    Nur Reich ist noch anders.