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Die VorschauHarry liest!

■ Morgen ist der Übersetzer, Kolumnist und Lindenstraßler Harry Rowohlt da

Seit wann geben Übersetzter Lesungen? Sie sind doch nun wirklich die Wasserträger der Literatur: fleißig, schlecht bezahlt und unbesungen. Doch einer hat es auch von dieser untersten Stufe der belletristischen Hackordnung zu Ruhm und Kultstatus gebracht: Auf dem Schuber des im letzten Jahr von ihm übersetzten Doppelromans „Edisto“von Padgett Powell ist Rowohlts Name genau so groß geschrieben wie der des Autors. Und von den Filmplakaten weiß man, daß dies bei den Kulturproduzenten das Maß aller Dinge ist.

Im Kino kennt sich Rowohlt übrigens auch gut aus: Seine zweite, auf Zeilengeld basierende Einkunftsquelle sind seit langem die Kolumnen in der „Zeit“, die als kurze, originelle und gnadenlos subjektive Filmkritiken begannen und sich langsam zu „Pooh's Corner“entwickelten, in der Rowohlt uns mit seinen „Meinungen und Deinungen eines Bärs von geringem Verstand“erfreut.

„Pooh“nennt sich Rowohlt hier nach seinem liebsten literarischen Helden, Pu, dem Bären von A. A. Milne: „Wenn es so richtig schön wird, muß ich leider immer weinen. Sogar beim Korrekturlesen. Aber das klappt nur bei Pu.“Natürlich hat er längst auch dieses Kinderbuch neu und ultimativ übersetzt; genau wie alle Werke seines zweiten Lieblingsautors Flann O'Brien, den wohl kaum jemand in Deutschland kennen würde, hätte er nicht in Rowohlt solch einen begnadeten Fürsprecher und Vorleser. Denn dies ist der Hauptgrund, warum jeder kluge Mensch, Bärenfreund und Büchernarr am Donnerstag ins KITO gehen sollte: Harry Rowohlt ist ein begnadeter Vortragskünstler.

So wie er kann keiner die Pointen aus Texten herauskitzeln, und dabei ist es egal, ob sie nun von ihm selbst verfaßt oder nur übersetzt sind, denn bei ihm ist das ein Vorteil, was eigentlich beim Übersetzen eine Todsünde ist: Egal ob Puh, O'Brien oder Frank McCourt – alles hat den Rowohlt-Touch. Oder besser Sound, denn seiner tiefen, immer etwas verschmitzt klingenden Stimme hört man bei den Lesungen einfach stundenlang gern zu. Und dies muß auch so sein, denn wenn er erstmal auf einer Bühne neben seiner obligatorischen Whiskyflasche sitzt, ist er von dort auch kaum wieder herunter zu bringen. Bei seinem letzten Bremer Auftritt im Kino 46 mußten die Veranstalter spät in der Nacht das Licht ausschalten, um seine Lesung zu beenden.

Außerhalb der literarischen Kreise ist Rowohlt übrigens auch als der zottelige Penner in der „Lindenstraße“bekannt. Seine Gastauftritte dort werden immer regelmäßiger, und die von ihm gesprochenen Kommentare zur allgemeinen Situation (er hat fast schon die Funktion des griechischen Chors übernommen) sind dann meist die einzigen gescheiten Worte der ganzen Folge. Kein Wunder, er schreibt sie sich ja auch selbst! Wilfried Hippen

2. April, 20 Uhr, im KITO

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