Hannover 96 gegen Hamburger SV: Erfolg ohne Verteidiger
Nach dem 3:0-Sieg von Hannover über Hamburg ist klar: Die 96er sind zu gut für den Abstieg, der HSV wohl nicht gut genug für die Meisterschaft.
Hannover 96: Fromlowitz - Cherundolo, Balitsch, Christian Schulz, Rausch - Lala, Bastian Schulz - Schlaudraff (88. Yankow), Stajner, Huszti (84. Krebs) - Forssell (70. Hanke)
Hamburger SV: Rost - Demel, Reinhardt, Mathijsen, Aogo (74. Thiago Neves) - Jarolim, Alex Silva - Trochowski, Olic - Guerrero (26. Pitroipa), Petric
Schiedsrichter: Fandel (Kyllburg) - Zuschauer: 49 000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 Bastian Schulz (5.), 2:0 Schlaudraff (18.), 3:0 Stajner (79.)
Gelbe Karten: Balitsch (4) / Demel (4)
Beste Spieler: Fromlowitz, Balitsch, Schlaudraff / Jarolim, Olic
Manchmal ist es so, dass der einen Mannschaft vier Innenverteidiger fehlen und deshalb die defensiven Mittelfeldspieler hinten aushelfen müssen. Und außerdem fehlt Torwart Nummer eins. Manchmal ist es genau dann so, dass bei der anderen Mannschaft die Innenverteidiger patzen und der Torwart nicht gut aussieht. Genau so war das am Samstag bei der 0:3-Niederlage des Hamburger SV gegen Hannover 96 vor 49.000 Zuschauern in der ausverkauften AWD-Arena.
Bei Hannover 96 ist seit Beginn der Saison der Wurm drin: Verletzungen, Krankheiten, unglückliche Niederlagen. Jede Saison gibt es ein Team, dem klebt das Pech an den Stiefeln. In dieser ist es Hannover. Gegen den HSV fehlten die Innenverteidiger Valérien Ismaël, Frank Fahrenhorst, Vinicius Bergantin und Mario Eggimann. Trainer Dieter Hecking sprach "von einem kleinen Problem in der Innenverteidigung, das die Mannschaft als Mannschaft hervorragend gelöst hat". Vor Ersatztorwart Florian Fromlowitz, der für den verletzten Robert Enke auflief, spielten die defensiven Mittelfeldspieler Christian Schulz und Hanno Balitsch in der Innenverteidigung. "Es war wie immer", grinste Schulz nach dem Spiel, "Hanno und ich nebeneinander, nur ein paar Meter weiter hinten." Seine Aufgabe beschrieb Schulz so: "Kopfbälle, gutes Stellungsspiel, klare Bälle nach vorne."
Balitsch und Schulz spielten gut, Fehler machten die Innenverteidiger des HSV. "Es ist zu einfach, zu sagen, es ist die Einstellung, es ist auch die Organisation", sagte HSV-Trainer Martin Jol, der seine Unzufriedenheit stets dadurch zum Ausdruck bringt, dass er Fehler einzelner Spieler anspricht: "Es kann vielleicht nicht sein, dass ein Spieler wie Silva, der defensiv links spielen soll, rechts offensiv den Ball von Guy Demel fordert." Als nämlich Demel den geforderten Ball auf Silva spielte, sprang dem genau dieser Ball vom Fuß und daraus machte Bastian Schulz die Führung für Hannover. Da waren knapp fünf Minuten gespielt. Und HSV-Torwart Frank Rost saß frustriert auf dem Rasen, und genau die Hand, die den Ball von Bastian Schulz nicht gehalten hatte, beschrieb eine Kurve, die den Entwicklungen an der Börse glich und so viel bedeuten sollte wie: Der Flug dieses Balles war nicht zu berechnen. Auch Jols Beschreibung der Situation hob auf den tatsächlich recht unwahrscheinlichen Ballflug ab: "Ein solches Tor schießt der Spieler von Hannover nicht oft."
Vor diesem Spiel wusste die Mannschaft von Hannover 96 um die Situation. Was Tabelle und Verletzte anging: "Wir standen unter Druck, wir sind alle erwachsen, wir wussten, dass es schlecht läuft", sagte Mannschaftskapitän Altin Lala. Die Taktik war, so Steven Cherundolo, rechter Verteidiger bei Hannover, "dass wir gute Bälle spielen wollten, um Hamburg zu beschäftigen". Jiri Stajner, der ein verblüffend gutes Spiel im rechten Mittelfeld machte, und Szabolcs Huszti, dem das im linken Mittelfeld gelang, banden die HSV-Außenverteidiger Dennis Aogo und Guy Demel, die nicht zu Vorstößen kamen. Vor dem 2:0 spielte die 96-Offensive den Ball vor dem HSV-Strafraum hin und her, bis der sehr motivierte Jan Schlaudraff die Lücke fand und Rost mit links überwand (18.).
"Wir haben in der ersten Halbzeit vielleicht zu viele Bälle hergegeben", kritisierte Jol. Mit der aggressiven, manchmal harten, dann und wann auch überharten Spielweise Hannovers, dem frühen Attackieren, den vielen Zweikämpfen, kam der HSV nicht zurecht. 96-Trainer Hecking nannte das "Präsenz".
In der zweiten Halbzeit war der HSV besser, besser als in der ersten und besser als Hannover. Doch weder David Jarolim noch Piotr Trochowski konnten Fromlowitz überwinden. Inmitten der Druckphase ein Konter von Hannover. "Ist schön", so Jol ironisch, "wenn man im eigenen Stadion kontern kann." Über Schlaudraff und Huszti landete der Ball bei Stajner, der ihn gelassen ins Netz schob (79.). "Das war wieder dasselbe", sagte Jol resigniert, "zum dritten Mal auswärts ein 0:3." Wolfsburg, Hoffenheim und nun Hannover. Jol überlegt, auswärts "künftig defensiver zu spielen".
Manchmal ist es so, dass man nach einer Partie mehr weiß als vorher: Hannover 96 ist zu gut für die Abstiegszone, der HSV nicht gut genug für die Tabellenspitze.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!