Hannes Koch über die Lage der SoloSelbstständigen: Künstlersozialkasse für alle
Der deutsche Sozialstaat funktioniert, sollte man meinen: Eine Kranken- und Rentenversicherung hat schließlich jeder. Der Gedanke ist tröstlich, besonders wenn der Konflikt wegen Obamacare in den USA zur Sprache kommt, wo die soziale Absicherung von Millionen Menschen infrage steht. Doch auch hierzulande existieren erhebliche Lücken, wie die aktuelle Umfrage der Gewerkschaft Verdi zur Lage der sogenannten Soloselbstständigen zeigt.
Die Zahl dieser Alleinunternehmer ohne Mitarbeiter wächst. Das liegt im Trend der Zeit: Ein Laptop oder Smartphone reicht, um internetbasierte Minijobs von zu Hause aus auszuführen. Die Nachfrage nach solchen Tätigkeiten durch Unternehmen steigt. Zwar müssen Selbstständige schon heute in eine Krankenversicherung einzahlen, doch sind die Mindestbeiträge im Verhältnis zum Einkommen oft so hoch, dass sie nur mit Mühe zu stemmen sind. In dieser Lage verzichten Hunderttausende Freiberufler darauf, für ihr Alter vorzusorgen. Mehr als die Grundsicherung werden sie später nicht erhalten.
Eine Regelung ist daher überfällig. Und seit 1983 existiert auch ein Modell dafür: die Künstlersozialkasse. Mit deren Hilfe können sich unter anderem selbstständige Musiker, Bildhauer, Schriftsteller und Journalisten kranken-, pflege- und rentenversichern. Weil sie in der Regel damit überfordert wären, die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge allein zu tragen, entwickelte die damalige sozialliberale Koalition ein spezielles Arrangement. Die Selbstständigen zahlen je die Hälfte, die Medienunternehmen 30 Prozent, der Bund gibt 20 Prozent dazu.
Dieses Prinzip sollte man auf alle Selbstständigen übertragen. Eine politische Herausforderung besteht darin, die diversen, oft weit entfernten Auftraggeber und Vermittlungsplattformen so einzubeziehen, dass sie ihre Beiträge leisten. Geschieht das nicht, wird in einer Gesellschaft der zunehmend flexiblen Arbeitsformen sozialer Sprengstoff produziert.
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